Montag, 14. Juli 2014

Warum ich mir das Finale 'Deutschland gegen Argentinien' (WM 2014) nicht angeschaut habe

"Einiger meiner Freunde und Bekannte in der HLT-Kirche haben sich heute das Finalspiel nicht entgehen lassen. Ich aber wollte mit dem Fußball heute am Sonntag nichts zu tun haben. Warum?"


Bildquelle: LDS Media Library. IRI.[*]
Während ich hier schreibe und alle Zitate und Schriftstellen zusammentu, die ich gefunden habe, knallen
draußen die Raketen. Ohne auch nur den Fernseher anzumachen oder das Internet zu Rate zu ziehen, bin ich mir sicher, dass Deutschland gewonnen hat. Das, oder irgend jemand ist ein Fan von Argentinien. Aber davon geh ich jetzt mal nicht aus.

Obwohl ich an sich nichts gegen Fußball habe und ich mir auch die WM-Spiele von Deutschland alle angeschaut oder über den Live-Ticker mitverfolgt habe, habe ich heute am Finaltag Deutschland gegen Argentinien weder den Fernseher angemacht, noch das Spiel über den Live-Ticker verfolgt.

Nicht jeder Mormone hat das heute getan. Einige meiner Freunde und Bekannte in der HLT-Kirche haben sich heute das Finalspiel nicht entgehen lassen. Ich aber wollte mit dem Fußball heute am Sonntag nichts zu tun haben. Warum?

Als Mormone bzw. Mitglied der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (kurz auch unter dem Namen HLT-Kirche geläufig) glaube ich an den Sabbat. Im Alten Testament heißt es:

„8Gedenke des Sabbats: Halte ihn heilig! 9Sechs Tage darfst du schaffen und jede Arbeit tun. 10Der siebte Tag ist ein Ruhetag, dem Herrn, deinem Gott, geweiht. An ihm darfst du keine Arbeit tun: du, dein Sohn und deine Tochter, dein Sklave und deine Sklavin, dein Vieh und der Fremde, der in deinen Stadtbereichen Wohnrecht hat. 11Denn in sechs Tagen hat der Herr Himmel, Erde und Meer gemacht und alles, was dazugehört; am siebten Tag ruhte er. Darum hat der Herr den Sabbattag gesegnet und ihn für heilig erklärt.“ (BI, Exodus 20:8-11.)[1]
Das Gebote, den Sabbat, also den Ruhetag des Herrn, heilig zu halten, ist Teil der 10 Gebote, die an das Volk Israels adressiert sind. Demnach soll nicht nur einer in der Familie, sondern die ganze Hausgemeinschaft mitsamt Vieh und Fremder (= ein Nicht-Israelit) dieses Gebot der Sabbatheiligung halten.

Nun könnte man meinen, dass dieses Gebot der Sabbatheiligung aus alter Zeit stammt und für uns heute nicht mehr so in seiner Strenge gültig ist. Das stimmt aber nicht. Joseph Smith hat am 7. August 1831 die folgende Offenbarung erhalten, die dann in das Buch 'Lehre und Bündnisse' im Abschnitt 59 eingegangen ist:
„9Und damit du dich selbst noch mehr von der Welt unbefleckt halten mögest, sollst du an meinem heiligen Tag ins Haus des Betens gehen und deine heiligen Handlungen darbringen; 10denn wahrlich, dies ist der Tag, der dir bestimmt ist, von deiner Arbeit zu ruhen und dem Allerhöchsten deine Gottesverehrung zu entrichten; 11doch sollen deine Gelübde an allen Tagen und zu allen Zeiten in Rechtschaffenheit dargebracht werden; 12aber denke daran: An diesem, dem Tag des Herrn, sollst du dem Allerhöchsten deine Opfergaben und deine heiligen Handlungen darbringen und deinen Brüdern sowie vor dem Herrn deine Sünden bekennen. 13Und an diesem Tag sollst du nichts anderes tun“ (Lehre und Bündnisse 59:9-13)[2].

Diese Worte sollten klar und deutlich sein. Der Herr gebietet uns, den Sabbat bzw. den heiligen Tag des Herrn heiligzuhalten. Es ist dieser Tag, an dem wir von unserer Arbeit ruhen sollen, der Tag, an dem wir dem Allerhöchsten unsere Gottesverehrung entrichten. Es ist der Tag, an dem wir nichts anderes tun sollen, als das eben Genannte in den Versen 9-10 und 12. Das ist meiner Meinung nach eindeutig.

Am Ende des Abschnitts 59 im Buch 'Lehre und Bündnisse' spricht der Herr eine Ermahnung und einen Segen aus. Die Ermahnung und der Segen beziehen sich auf das Sabbatgebot und die anderen Gebote, die in diesem Abschnitt von Lehre und Bündnisse gegeben sind.
„21Und in nichts beleidigt der Mensch Gott, oder gegen niemanden entflammt sein Grimm, ausgenommen diejenigen, die nicht seine Hand in allem anerkennen und nicht seinen Geboten gehorchen. 22Siehe, dies ist gemäß dem Gesetz und den Propheten; darum behelligt mich in dieser Sache nicht mehr. 23Sondern lernt, daß derjenige, der die Werke der Rechtschaffenheit tut, seinen Lohn empfangen wird, nämlich Frieden in dieser Welt und ewiges Leben in der künftigen Welt. 24Ich, der Herr, habe es gesagt, und der Geist gibt Zeugnis. Amen.“ (Lehre und Bündnisse 59:21-24.)

Was für ein großartiger Segen. Wenn wir den Sabbat heilig halten, d.h. wenn wir am heiligen Tag des Herrn nichts anderes tun, als Gott zu verehren, dann werden wir „Frieden in dieser Welt und ewiges Leben in der künftigen Welt“ (LuB  59:23) erhalten. Wow! Frieden und ewiges Leben. Was kann man sich mehr wünschen?

Nun mag man meinen, dass das Sportschauen am Sonntag vor dem Fernseher nicht im Gegensatz zur Sabbatheiligung steht, weil es nicht ausdrücklich genannt wird bzw. nicht ausdrücklich von der Kirche gelehrt wird.

Solch eine Meinung kann ich nicht verstehen. Heißt es nicht in Lehre und Bündnisse 59 ausdrücklich, dass wir am Sabbat nichts anderes tun sollen, als Gott zu verehren, indem wir unsere Sünden bekennen und unsere Heiligen Handlungen im Haus des Betens vollziehen?

Bedenken wir doch auch die Offenbarung, die Joseph Smith am 1. August 1831 erhalten hat und sich heute in Lehre und Bündnisse 58 befindet:
„26Denn siehe, es ist nicht recht, daß ich in allem gebieten muß; denn wer in allem genötigt werden muß, der ist ein träger und nicht ein weiser Knecht, darum empfängt er keinen Lohn. 27Wahrlich, ich sage: Die Menschen sollen sich voll Eifer einer guten Sache widmen und vieles aus ihrem eigenen, freien Willen tun und viel Rechtschaffenheit zustande bringen; 28denn die Macht ist in ihnen, wodurch sie für sich selbst handeln können. Und insofern die Menschen Gutes tun, werden sie keineswegs ihres Lohnes verlustig gehen. 29Wer aber gar nichts tut, bis es ihm geboten wird, und ein Gebot mit zweifelndem Herzen empfängt und es auf träge Weise hält, der ist verdammt.“ (Lehre und Bündnisse 58:26-29.)

Zudem stimmt es nicht wirklich, dass die Kirche das Sportschauen am Sonntag nicht verbietet. Schauen wir mal in den Belehrungen der Apostel und Propheten rein. In der Broschüre 'Für eine starke Jugend' aus dem Jahr 2011 heißt es:
„Der Sonntag ist kein Tag zum Einkaufen oder für Freizeit- und Sportveranstaltungen.“ (Für eine starke Jugend, S. 30.)[3]
Ziemlich deutliche Worte: „Der Sonntag ist kein Tag … für … Sportveranstaltungen.“ Wenn der Sonntag kein Tag für Sportveranstaltungen ist, warum schaut man sich dann trotzdem am Sonntag eine Sportveranstaltung in Fernseher an?

Die erste Präsidentschaft der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage hat im Januar 1993 verlautbart:

„Wir fühlen, dass viele Heilige der Letzten Tage im Beachten des Sabbattages nachsichtig geworden sind. Wir sollten Abstand nehmen von Einkäufen am Sabbattag und Teilnahmen an kommerziellen Aktivität und Sportaktivitäten, welche heutzutage üblicherweise den Sabbat entheiligen.

Wir bitten alle Heiligen der Letzten Tage dringend, diesen heiligen Tag von den Aktivitäten der Welt zu unterscheiden und sich zu weihen, indem sie in einen Geist der Gottesverehrung, Danksagung, des Dienens und familienbezogener  Aktivitäten eintreten, die dem Sabbat entsprechen.“ (Ensign, Jan. 1993.)[4]

Und zu guter Letzt noch die Worte des vorherigen Präsidenten der Kirche, Pr. Gordon B. Hinckley in der Oktober Generalkonferenz 1997:
„Ich erwähne den Sabbat. Der Sabbat des Herrn wird zum Spieltag der Menschen. Es ist ein Tag des Golfspiels und des Fußballs im Fernsehen, ein Tag, an dem in unseren Läden und auf unseren Märkten gekauft und verkauft wird. Passen wir uns den übrigen Amerikanern immer mehr an, wie manche Beobachter meinen? In diesem Punkt ist es wohl leider so. […]

Unsere Stärke für die Zukunft, unser fester Entschluß, uns mit der Kirche über die ganze Welt auszubreiten, wird geschwächt, wenn wir dem Willen des Herrn in dieser wichtigen Sache zuwiderhandeln. Er hat in alter Zeit und in neuzeitlicher Offenbarung so deutlich gesprochen. Wir können das, was er gesagt hat, nicht ungestraft mißachten.“[5]

Genauso wie Pr. Hinckley sehe auch ich im Fernsehsportschauen am Sonntag eine Sünde, eine Anpassung an die Welt, die sich vom Herrn mehr und mehr entfernt. Wenn wir uns dieser Welt anschließen, können wir nicht ungestraft davonkommen.

In der April-Generalkonferenz 1996 wurden wir von Elder Earl C. Tingey daran erinnert, was Pr. George Albert Smith hinsichtlich des Sabbats 1935 gesagt hat:
„Ein großer Teil des Leids und des Elends, das die Menschheit quält, ist darauf zurückzuführen, daß sie seine (Gottes) Ermahnung mißachten, den Sabbat heiligzuhalten.“[6]
Wenn die zehn Gebote noch heute gültig sind und auch Lehre und Bündnisse 59, dann hätte Pr. Georg albert Smith nichts anderes hinsichtlich des Sabbats sagen können.

Elder Earl C. Tingey schloss dann mit den Worten von Elder Mark E. Petersen:
„Inwieweit wir den Sabbat heilig halten oder nicht, ist ein sicherer Maßstab für unsere Einstellung gegenüber dem Herrn selbst und gegenüber seinem Leiden in Getsemani, seinem Tod am Kreuz und seiner Auferstehung von den Toten. Daran läßt sich erkennen, ob wir tatsächlich Christen sind oder ob unsere Bekehrung so oberflächlich ist, daß die Erinnerung an sein Sühnopfer uns nichts oder nur wenig bedeutet.“[7]

Harte, aber eindeutige Worte zum Nachdenken ...


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Fußnoten

1 Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, Stuttgart 1980: Katholische Bibelanstalt. http://www.bibleserver.com/start, 2014-07-13.

2 Lehre und Bündnisse der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Offenbarungen enthaltend, die Joseph Smith, dem Propheten, gegeben wurden, nebst einigen Hinzufügungen seiner Nachfolger in der Präsidentschaft der Kirche. o.O. 2003: Intellectual Reserve, Inc. https://www.lds.org/scriptures/dc-testament?lang=deu, 2014-07-13. Alle weiteren Schriftstellen aus dem Buch 'Lehre und Bündnisse' [abgekürzt: LuB] in diesem Beitrag sind von derselben Quelle und vom selben Tag.

3 Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Hg.): Für eine starke Jugend. Salt Lake City 2001/2011: Intellectual Reserve, Inc., S. 30. https://www.lds.org/bc/content/shared/content/german/pdf/language-materials/09403_deu.pdf, 2014-05-20, 20:39.

4 Pr. Ezra Taft Benson; Pr. Gordon B. Hinckley; Pr. Thomas S. Monson: First Presidency Statement on the Sabbath. In: News of the Church, in: The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints (Ed.): Ensign, January 1993. https://www.lds.org/ensign/1993/01/news-of-the-church?lang=eng, 2014-07-13, 22:51. Übersetzung von Rocky.

5 Pr. Gordon B. Hinckley: Blikt nach vorn. In: Generalkonferenz der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, Oktober 1997. https://www.lds.org/general-conference/1997/10/look-to-the-future?lang=deu, 2014-07-13, 22:38.

6 Pr. George Albert Smith in der Generalkonferenz der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, Oktober 1935. (Conference Report, Oct. 1935, 120). Aus: Elder Earl C. Tingey: Der Sabbat und das Einkaufen am Sonntag. In: Generalkonferenz der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, April 1996. https://www.lds.org/general-conference/1996/04/the-sabbath-day-and-sunday-shopping?lang=deu, 2014-07-13, 22:45.

7 Elder Mark E. Petersen in der Generalkonferenz der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, April 1975. (Conference Report, Apr. 1975, 72; or Ensign, May 1975, 49.) Aus: Elder Earl C. Tingey: Der Sabbat und das Einkaufen am Sonntag. In: Generalkonferenz der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, April 1996. https://www.lds.org/general-conference/1996/04/the-sabbath-day-and-sunday-shopping?lang=deu, 2014-07-13, 22:45. Absatz in der deutschen Übersetzung des Zitats nicht übernommen.

* Bildquelle: LDS Media Library. Intellectual Reserve, Inc. https://www.lds.org/media-library/images/soccer-ball-924440?lang=eng&category=, 2014-07-14, 00:37.




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