In Nauvoo, kurz vor dem
11. Juni 1844 wurde Joseph Smith vom Herrn gewarnt, dass eine Gruppe von Männern ihm nach dem Leben trachteten. Der Herr wies Joseph an,
in die Rocky Mountains zu fliehen, um sein Leben zu retten. Der Warnung des Herrn folgend floh er am 11. Juni 1844 zusammen mit seinem Bruder Hyrum aus Nauvoo. Sie überquerten in der Nacht vom 22. zum 23. Juni zusammen mit Dr. Richards und Orrin P. Rockwell den Mississippi mit Aaron Johnsons Boot. Orrin P. Rockwell ruderte, während die anderen drei versuchten, mit ihren Stiefeln und Schuhen
dem Wasser, das durch ein Leck ins Boot floss, Herr zuwerden. [1]
Joseph Smith ─ Bildquelle: LDS Media Library.* |
Joseph und Hyrum kehrten zurück nach Nauvoo, weil sie erkannten, dass durch ihre Flucht vieles nur schlimmer geworden wäre für die Glaubensbrüder und -schwestern.[1] Joseph hätte nicht mit dieser Schuld leben können. Das Leid der Mitglieder in Nauvoo war es nicht wert, Josephs Überleben zu ermöglichen.
Auf dem Weg zum Carthage-Gefängnis im Juni 1844, von dem er nie wieder zurückkehren sollte[3], erzählte er seinem Bruder Hyrum und W. W. Phelps von seinem prophetischen Traum, den er kurz zuvor im Haus von Bruder William Jordan hatte. W. W. Phelps veröffentlichte Josephs Traum aber erst 1862. Aber als er ihn veröffentlichte, gab er ihm den Titel 'Joseph Smiths letzter Traum'. [4]
Wir wissen nicht, warum er sich entschied, diesen prophetischen Traum fast zwei Jahrzehnte später zu veröffentlichen. Es kann auch nicht bewiesen werden, ob dieser Traum nur aus der Feder von W. W. Phelps stammt oder ob Joseph Smith wirklich diesen Traum hatte. Dieses Schriftstück wurde nie – das sei hier angemerkt – in den HLT-Kanon der Heiligen Schriften aufgenommen. Daher ist es auch keine heilige Schrift im engeren Sinne und somit auch nicht doktrinell bindend. Aber ich persönlich glaube daran, dass Joseph diesen Traum hatte. Der reiche Symbolismus steht im Einklang mit den Lehren der Schriften. Zusammen mit der Warnung des Herrn an Joseph, Nauvoo zu verlassen, sollte Joseph Smiths letzter Traum ihn auf seine letzte Mission im Carthage-Gefängnis vorbereiten. Daher können wir auch hier erbaut und von Gott inspiriert werden.
Hier ist ein Video in englischer Sprache, welches Auszüge aus diesem Schriftstück enthält:
(Joseph Smith's last dream, Video von Seth Adam Smith)[5]
Hier ist der englische
Text in Auszügen und die deutsche Übersetzung:
''He
(i.e. Joseph Smith) said: “While I was at Jordan’s in Iowa the
other night, I dreamed that myself and my brother Hyrum went on
board of a large steamboat, … . Shortly after we went on board
there was an “alarm of fire,” and … as delay was folly, I
and Hyrum jumped overboard, and tried our faith at walking upon
the water.
At
first we sank in the water nearly to our knees, but as we
proceeded we increased in faith, and were soon able to walk upon
the water.
We
proceeded on the bosom of the mighty deep and were soon out of
sight of land. The ocean was still; the rays of the sun were
bright, and we forgot all the troubles of our Mother Earth. Just
at that moment I heard the sound of a human voice, and, turning
round, saw my brother Samuel … . … [H]e informed me that he
had been lonesome …, and had made up his mind to go with me
across the mighty deep.
We
all started again, and in a short time were blest with the first
sight of a city … . … The next scene, … was more than I can
describe: the greeting of old friends, the music from a thousand
towers, and the light of God himself at the return of three of his
sons, soothed my soul into a quiet and a joy that I felt as if I
was truly in heaven. I gazed upon the splendor; I greeted my
friends, I awoke, and lo, it was a dream!” […]" (Phelps (1862): Joseph Smith's Last Dream, S. 27f.)[4]
|
''Er (d.h. Joseph Smith) sagte: „Während ich
neulich am Abend bei Jordan in Iowa war, träumte ich, dass Ich
und mein Bruder Hyrum an Bord eines großen Dampfers gingen, … .
Kurz nachdem wir das Schiff betraten, wurde Feueralarm ausgerufen
und … während Abwarten unsinnig erschien, sprangen Ich und
Hyrum über Bord und versuchten unseren Glauben auszuüben, indem
wir über dem Wasser liefen.
Am Anfang sanken wir fast knietief ins Wasser,
aber während wir weitergingen, nahm unser Glaube zu und schon
bald konnten wir auf dem Wasser gehen.
Wir gingen weiter auf dem Schoße der mächtigen
Tiefe und konnten bald kein Land mehr sichten. Der Ozean war
still, die Strahlen der Sonne waren hell und wir vergaßen all die
Sorgen unserer Mutter Erde. Gerade in diesem Moment hörte ich den
Klang einer menschlichen Stimme, und als ich mich umdrehte, sah
ich meinen Bruder Samuel … . … [E]r sagte mir, dass er …
einsam war und sich entschied, mit mir die große Tiefe zu
überqueren.
Wir gingen weiter, und nach einer kurzen Zeit
wurden wir mit dem ersten Anblick einer Stadt gesegnet … . …
Das nächste Bild, … war überragender, als ich es beschreiben
kann: Begrüßung von alten Freunden, Musik von tausend Türmen
und Licht, das von Gott selbst ausging – als drei von seinen
Söhnen zurückkehrten –, erfüllten meine Seele mit Frieden,
Ruhe und Freude so sehr, dass ich mich wirklich wie im Himmel
fühlte. Ich bestaunte die Herrlichkeit, ich grüßte meine
Freunde; ich erwachte und gewahr, es war ein Traum!“ […]" (Phelps (1862): Joseph Smith's Last Dream, S. 27f. Übersetzung von Rocky.)[4]
|
Hier nun einige
Erklärungen zu den Symbolen:
Josephs und Hyrums Flucht
„Joseph und sein Bruder Hyrum haben vieles von der zivilisierten Welt hinter sich gelassen, als sie westwärts den Mississippi überquerten. Ihr Boot hat eine Leck; so bestand die Möglichkeit zu sinken. Als sie an der anderen Seite ankamen, hatte Joseph wohl Erleichterung gefühlt und wohl geglaubt, dass er und sein Bruder sich in Sicherheit begeben hatten.
Während Joseph schlief, wurden die Ereignisse der letzten paar Stunden in seinem Traum ausgestaltet. Das Boot mit dem Leck wurde zu einem großen Dampfer, der zu brennen anfing; der Mississippi wurde zu einem großen Ozean und während sie vorangingen, fühlten sie, wie sie all ihre Sorgen hinter sich ließen.“[6]
„[W]ährend Abwarten unsinnig erschien, sprangen Ich und Hyrum über Bord“
Dieser Traum zeigt an dieser Stelle eindeutig, dass
er von seinem und seines Bruders Tod geträumt hat. Sie verließen
die Welt, die Joseph nicht haben wollte. Sie verließen eine Welt
voller Sorgen und Tod.
„Ich und Hyrum ... versuchten unseren Glauben
auszuüben, indem wir über dem Wasser liefen. ¶Am
Anfang sanken wir fast knietief ins Wasser, aber während wir
weitergingen, nahm unser Glaube zu“
„Am Anfang sanken wir fast knietief ins Wasser“
Wasser hat in den
Schriften stets eine zweifache Bedeutung. Es steht für gutes und
schlechtes.
Es bedeutet
einerseits Reinheit. Wenn wir uns taufen lassen, dann tun wir das
durch Untertauchen im Wasser. Das Wasser wäscht unseren ganzen Leib
und unser ganzes Wesen rein.
Andererseits
steht es auch für Grab und Tod. Paulus schreibt beispielsweise:
„3Oder wisst ihr nicht, dass wir, so viele auf
Christus Jesus getauft wurden, auf seinen Tod getauft worden sind?
4So sind wir nun mit ihm begraben worden durch die Taufe
in den Tod, damit, wie Christus aus den Toten auferweckt worden ist
durch die Herrlichkeit des Vaters, so <werden> auch wir in
Neuheit des Lebens wandeln.“
(BI Römer 6:3f.)[7]
Das Wasser steht hier für das Grab, in welchem der alte, sündige
Leib getaucht wird und komplett begraben wird. Das Auftauchen aus dem
Wasser symbolisiert das Hervorkommen aus dem Grab, die Auferstehung
des neuen und sündlosen, reinen Menschen.
Im alten Testament der Bibel ist
das Wasser Symbol für Chaos. Als Gott (hebr. Elohim = Götter) die
Welt erschuf, ordnete er die Welt aus vorhandener Materie, die in
ihrem Rohzustand ungeordnet, d.h. chaotisch, war. So heißt es ganz
zu Anfang im Alten Testament: „1Im
Anfang schuf Gott
den Himmel und die Erde. 2Und die Erde war wüst
und leer, und Finsternis war über der Tiefe; und der Geist Gottes
schwebte über dem Wasser.“
(BI Genesis 1:1f., Hervorhebung hinzugefügt). Erschaffung muss hier im Sinne von Schöpfung oder Kreierung
verstanden werden. Im hebr. Text steht nicht 'schuf' sondern 'formte'
und bezeichnet nicht die Erschaffung von Materie aus dem Nichts,
sondern das Zusammenfügen und Formen von schon bereits vorhandener
Materie, die sich in einem chaotischen (=ungeordneten) Zustand
befand.[8]
Auf dem Wasser schwebte der Geist Gottes, oder in anderen Worten, die
wirksame Macht Gottes war über dem Wasser. Im abrahamischen
Schöpfungsbericht lesen wir folgendes: „1Und
dann sprach der Herr: Laßt uns hinabgehen. Und sie gingen am Anfang
hinab, und sie, das heißt die
Götter, formten und gestalteten
die Himmel und die Erde. 2Und die Erde, nachdem sie
gestaltet war, war leer und öde, denn sie hatten noch nichts
gestaltet als nur die Erde; und Finsternis herrschte über dem
Antlitz der Tiefe, und der Geist der Götter brütete über dem
Antlitz der Wasser.“ (KP Abraham
4:1f.)[9]
So, wie eine Henne auf ihren Eiern sitzt und sie bebrütet, wodurch
sich kleine Kücken in den Eiern entwickeln, so hat auch der Geist
der Götter auf dem Wasser, dass hier für die ungeordnete Materie
steht, gewirkt und alles auf dieser Erde geformt.
Das Wasser ist
auch ein Symbol für die Hölle. So heißt es beispielsweise bei
Jesaja: „An jenem Tag wird der HERR mit seinem harten, großen und
starken Schwert heimsuchen den Leviatan, die flüchtige Schlange, und
den Leviatan, die gewundene Schlange, und wird das Ungeheuer
erschlagen, das im Meer ist.“ (Jesaja 27:1.) Der Leviathan ist ein
legendäres Seeungeheuer, welches hier in diesem Vers die
Verkörperung des Bösen ist, welches im Chaos lebt und sich dem
Schöpfer widersetzt.[10]
Luzifer (= Lichtträger), ein Engel Gottes, der aus dem Himmel
ausgeschlossen wurde, weil er sich dem Schöpfergott wiedersetzte,
und zum Satan (= Ankläger) und Teufel (= Verwirrer) wurde, wird in
der Offenbarung des Johannes im neuen Testament auch als Schlange und
Drachen (Ungeheuer) bezeichnet (siehe Offenbarung 20:2). Der Leviathan (=der sich Windende), der im Wasser wohnt, steht für
den Teufel, der in der Hölle wohnt.
„während wir weitergingen, nahm unser Glaube
zu“
Wenn wir uns nun mit
diesem Hintergrundwissen den Traum nochmal angucken, dann fällt auf,
dass das Gehen auf dem Wasser viel Aussagekraft besitzt. Joseph und
Hyrum sanken am Anfang fast bis zu ihren Knien ins Wasser. Als sie
aus dem Bot sprangen, sanken sie in den Tod. Sie starben. Doch sie
starben nicht in ihren Sünden. Die Welt, die Hölle konnte sie nicht
überwältigen. Denn sie hatten Glauben und zeigten ihren Glauben
durch ihre Taten und lebten in ihrem Glauben. Welch ein Beispiel für
uns. Im Leben waren sie dem Evangelium gehorsam und im Tod harrten
sie weiter im Glauben aus. Sie überwanden alle Verwirrung, allen
Zweifel und alle Angst durch ihren Glauben an Gott.
„Gerade in diesem Moment hörte ich den Klang
einer menschlichen Stimme, und als ich mich umdrehte, sah ich meinen
Bruder Samuel … . … [E]r sagte mir, dass er … einsam war und
sich entschied, mit mir die große Tiefe zu überqueren.“
„Gerade in diesem Moment hörte ich den Klang
einer menschlichen Stimme, und als ich mich umdrehte, sah ich meinen
Bruder Samuel“
„Samuel, Josephs und
Hyrums jüngerer Bruder, verstarb an einer unbekannten Todesursache
(vielleicht Hernie oder innere Blutungen) etwa einen Monat nach deren
Märtyrertod. Als Samuel erfuhr, dass Joseph und Hyrum im
Carthage-Gefängnis waren, kaufte er sich ein Rennpferd und ritt so
schnell er konnte nach Carthage, um seinen Brüdern zu helfen. Er war
einer der ersten Mormonen, die dort ankamen, nachdem seine Brüder
getötet wurden. Es wurde spekuliert, dass sein Einreiten in Carthage
den Mob in Schrecken versetzte und verscheuchte und dass sein harter
Ritt innere Blutungen verursachte, woran er schließlich verstarb.
Die Tatsache, dass er sich mit seinen Brüdern wieder vereint, ist –
gelinde gesagt – prophetisch.“[11]
„[E]r sagte mir, dass er … einsam war und sich entschied, mit mir die große Tiefe zu überqueren“
Seine Aussage,
„dass er … einsam war und sich entschied, mit … [Joseph] die
große Tiefe zu überqueren“, zeugt von großer Liebe und Trauer. Vielleicht ist Samuel nicht an
einer Hernie oder an innere Blutungen verstorben. Vielleicht starb er
gebrochenen Herzens. Vielleicht war seine Sehnsucht zu seinem Bruder
und Propheten so groß, dass er nicht mehr in dieser Welt gehalten
werden konnte. Vielleicht war er wirklich einsam und sehnte sich mit
Joseph wieder vereint zu sein, um mit ihm den Weg zu Gott zu gehen.
Ich kann mir gut vorstellen, dass er wegen gebrochenen Herzens
verstarb. Was für eine Liebe mussten die beiden gehabt haben. Was
für eine Liebe sollten wir entwickeln? Ich muss bei dieser Frage
immer an die folgenden Aufforderungen aus der Heiligen Schrift
denken:
Moroni: „33Und weiter: Ich denke daran, daß du gesagt hast, du habest die Welt geliebt, ja, so daß du dein Leben für die Welt niedergelegt hast, um es wieder aufzunehmen, um für die Menschenkinder eine Stätte zu bereiten. 34Und nun weiß ich, daß diese Liebe, die du für die Menschenkinder gehabt hast, Nächstenliebe ist; darum, wenn die Menschen keine Nächstenliebe haben, können sie jene Stätte nicht ererben, die du in den Wohnungen deines Vaters bereitet hast.“ (Ether 12:33f.)[12]
Johannes: „7Geliebte, lasst uns einander lieben! Denn die Liebe ist aus Gott; und jeder, der liebt, ist aus Gott geboren und erkennt Gott. 8Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt, denn Gott ist Liebe.“ (1. Brief des Johannes 4:7f.)
„Wir gingen weiter auf dem Schoße der
mächtigen Tiefe und konnten bald kein Land mehr sichten. Der Ozean
war still … . ¶… Wir
gingen weiter, und nach einer kurzen Zeit wurden wir mit dem ersten
Anblick einer Stadt gesegnet … .“
Joseph, Hyrum und Samuel
gingen über einen riesigen Ozean. Sie mussten dafür ihren Glauben
ausüben (siehe oben) und in diesem verharren, d.h. immer weiter
vorangehen. Brigham Young lehrte: „Alle organisierte Existenz ist
in einem Ablauf, entweder hin zu einem endlosen Fortschritt in ewigen
Perfektionen, oder zurück zum Verfall. […] [E]s gibt kein Prinzip,
keine Macht, Weisheit, kein Wissen, Leben, keinen Stand oder
irgendetwas, das man sich vorstellen kann, das feststehend bleibt –
sie müssen zu- oder abnehmen.“[13]
Joseph Smith lehrte: „Es wird aber, nachdem ihr durch den Schleier
gegangen seid, noch lange dauern bis ihr sie [d.h. die Prinzipien der
Erhöhung] aufgenommen haben werdet. In dieser Welt kann man nicht
alles begreifen; es wird ein großes Stück Arbeit sein, alles in
bezug auf unsere Errettung und Erhöhung auch noch nach dem Tod in
Erfahrung zu bringen.“[14]
Bevor wir auf der Erde waren, haben wir Fortschritt gemacht. Während
unseres sterblichen Daseins und nach unserem Tod, werden wir auch
niemals stillstehen. Josephs, Hyrums und Samuels Weg auf der großen
Tiefe symbolisiert für mich dieses Vorwärtsstreben im Glauben, was
nichts anderes als das Aneignen von Prinzipien der Erhöhung ist.
„Begrüßung von alten Freunden, Musik von
tausend Türmen und Licht, das von Gott selbst ausging …, erfüllten
meine Seele mit Frieden, Ruhe und Freude so sehr, dass ich mich
wirklich wie im Himmel fühlte.“
„Begrüßung von alten Freunden“
Der Himmel ist kein
einsamer Ort. Dort treffen wir unsere Lieben. Es ist die Lehre der
Kirche Jesu Christi, dass man auf ewig im Familienbunde zusammenleben
kann, wenn man sich für diese Segnungen qualifiziert. Gottsein
besteht in der Gemeinschaft, die ihrerseits von besonderer Qualität
ist. Selbst am Anfang der Bibel ist von Elohim die Rede. Elohim ist
die Mehrzahl von Eloah (Gott). Eloah ist in der Gemeinschaft von
anderen 'Eloahs', die zusammen als Elohim wirken. Diese Gemeinschaft
ist, wie gesagt, von besonderer Qualität. Es ist eine Bindung, eine
Siegelung. Man wird auf ewig an alle anderen Wesen im Gefilde der
Elohim (oder: im höchsten Himmel des celestialen (himmlischen)
Reiches) gesiegelt.
„Musik von tausend Türmen“
Es gibt Musik im
Himmel. Das entnehme ich nicht nur aus diesem Traum, sondern auch aus
anderen Schriftstellen. Als die Erde erschaffen wurde, jubelten „die
Morgensterne miteinander … und alle Söhne Gottes jauchzten“
(Hiob 38:7). Als Christus geboren wurde, erschienen Engel den Hirten,
die in der Nähe ihre Schafe hüteten, und lobten Gott: „Herrlichkeit
Gott in der Höhe, und Friede auf Erden in den Menschen <des>
Wohlgefallens!“ (Lukas 2:14.) Wie schön musste es gewesen sein,
dem himmlischen Chor zu lauschen. Die Erlösten, die die Welt
überwunden haben, singen im Himmel und preisen Gott: „2Und
ich sah <etwas> wie ein gläsernes Meer, mit Feuer gemischt,
und <sah> die Überwinder über das Tier und über sein Bild
und über die Zahl seines Namens an dem gläsernen Meer stehen, und
sie hatten Harfen Gottes. 3Und sie singen das Lied Moses,
des Knechtes Gottes, und das Lied des Lammes und sagen: Groß und
wunderbar <sind> deine Werke, Herr, Gott, Allmächtiger!
Gerecht und wahrhaftig <sind> deine Wege, König der Nationen!“
(Offenbarung 15:2f.) König Benjamins Hoffnung war es, in Frieden in
sein Grab hinabzugehen und das sein „unsterblicher Geist sich mit
den Chören in der Höhe vereinige, um einem gerechten Gott zu
lobsingen.“ (Mosia 2:28.)[12]
Für Alma scheint mit der Herzenswandlung, auch der „Gesang der
erlösenden Liebe“ (Alma 5:26)[12] einherzugehen. Aufgrund der eigenen unendlichen Dankbarkeit für die
Güte Gottes, scheint der einzige angemessene Weg, diese Dankbarkeit
zum Ausdruck zu bringen, nur durch den Lobpreis im Gesang zu sein. Im
Himmel scheint es also Gesang zu geben. Wundert es daher, dass Gott
soviel Wert auf Musik legt? Warum sonst würde er sogar dem
Gottesvolk auf Erden das Gebot geben: „Wenn du fröhlich bist, so
preise den Herrn mit Gesang, mit Musik, mit Tanz und mit einem Gebet
des Lobes und der Danksagung.“ (Lehre und Bündnisse 136:28.) Musik
scheint etwas Himmlisches zu sein. An anderer Stelle sagte der Herr:
„Denn meine Seele erfreut sich am Lied des Herzens; ja, das Lied
der Rechtschaffenen ist ein Gebet für mich, und es wird mit einer
Segnung auf ihr Haupt beantwortet werden.“ (Lehre und Bündnisse
25:12.) Gott legt großen Wert auf Musik. Sollten wir nicht auch
großen Wert auf gute Musik legen? Mir gefällt es, dass in Josephs
Traum Musik von tausend Türmen erklang. Dass all die himmlischen
Wesen sich freuten, jubelten und musizierten, weil drei Brüder
wieder zurück in die himmlische Gemeinde gefunden haben. Die Musik
in Josephs Traum steht für die Freude Gottes. Und wir wissen durch
die Schrift, dass Gott sich über jedes seiner Kinder freut, das zu
ihm findet (siehe Lukas 15:11-24).
„Licht, das von Gott selbst ausging“
Von Gott geht Licht aus. Er ist ein herrliches Wesen. Gott offenbarte
Jospeh am 27. Dezember 1832: „11Und das Licht, das
leuchtet und euch Licht gibt, ist durch ihn, der euch die Augen
erleuchtet, und das ist dasselbe Licht, das euch das Verständnis
belebt; 12dieses Licht geht von der Gegenwart Gottes aus
und erfüllt die Unermeßlichkeit des Raumes— 13das
Licht, das in allem ist, das allem Leben gibt, das das Gesetz ist,
wodurch alles regiert wird, ja, die Macht Gottes, der auf seinem
Thron sitzt, der im Schoß der Ewigkeit ist, der inmitten von allem
ist.“ (Lehre und Bündnisse 88:11-13.) Das Licht Gottes ist
„[g]öttliche Energie, Macht oder Einfluß, der von Gott durch
Christus ausgeht und allem Leben und Licht gibt.“[15]
Alles wird durch Gottes Macht regiert. Durch seine Macht erschuf er
das All. Seine Macht zeigt sich in den Naturgesetzen. Seine Macht
bzw. sein Licht zeigt sich in Form unseres Gewissens, ein angeborenes
Grundgefühl für das, was richtig ist, also von Gott kommt, und für
das, was falsch ist, uns von Gott entfremdet (siehe Moroni 7:16-19).[12]
„erfüllten meine Seele mit Frieden, Ruhe und
Freude so sehr, dass ich mich wirklich wie im Himmel fühlte“
Joseph, Hyrum und Samuel sahen die Herrlichkeit und Macht Gottes, die
von ihm ausgeht und alles erfüllt. Sie wurden von dieser Macht
erfüllt. Joseph sagte, dass er sich wie im Himmel fühlte, da dieses
Licht, seine Seele mit Frieden, Ruhe und Freude füllte. Ruhe bzw.
Stille scheint eines von Gottes Merkmalen zu sein. Die Heiligen in
alttestamentlicher Zeit wussten um Jesus (siehe Apostelgeschichte 10:42f.) kehrten um, wurden vom Heiligen Geist geheiligt „und es gab viele,
überaus sehr viele, die rein gemacht wurden und in die Ruhe des
Herrn, ihres Gottes, eingingen.“ (Alma 13:12.) Von Mose und seinem
Volk heißt es, dass Mose „eifrig danach [trachtete], sein Volk zu
heiligen, damit sie das Angesicht Gottes sehen könnten; aber sie
verhärteten ihr Herz und konnten seine Gegenwart nicht ertragen;
darum schwor der Herr in seinem Grimm, denn sein Zorn war gegen sie
entflammt, sie sollten, solange sie in der Wildnis seien, nicht in
seine Ruhe eintreten, und diese Ruhe ist die Fülle seiner
Herrlichkeit.“ (Lehre und Bündnisse 84:23f.) Wenn nun die Ruhe
Gottes die Fülle, d.h. Gänze, der Herrlichkeit Gottes ist. Seine
Herrlichkeit sein Licht ist. Und sein Licht seine Macht
ist, so wurde Joseph von der Macht Gottes erfüllt. Diese Erfüllung
von Gottes Licht, Macht und Ruhe ist ein Symbol für das Erbe Gottes,
das all diejenigen erwartet, die sich als Kinder Gottes
qualifizieren. Paulus beschreibt dies wie folgt: „16Der
Geist selbst bezeugt <zusammen> mit unserem Geist, dass wir
Kinder Gottes sind. 17Wenn aber Kinder, so auch Erben,
Erben Gottes und Miterben Christi, wenn wir wirklich mitleiden, damit
wir auch mitverherrlicht werden.“ (Römer 8:16f.) Wir sind Kinder
Gottes und können Erben Gottes und Miterben Christi werden. Wow! Das
ist ein krasses Ding! Denn was hat Gott? Was hat Christus ererbt?
Alles! Einfach alles! Und wir können auch zu Erben des Alls werden?
Und wie können wir das werden? Dadurch, dass wir leiden, wie
Christus gelitten hat. Dann werden wir zu Erben des Alls, dann werden
wir wie Gott. Diese Lehre ist sowohl biblisch als auch wahr und wird
im Traum widergespiegelt.
Fazit
Josephs letzter Traum –
zusammen mit der Warnung des Herrn, Nauvoo zu verlassen – sollte
ihn auf seine letzte Mission im Carthage-Gefängnis vorbereiten. Er
wurde gewarnt, und er floh. Durch seine Flucht erkannte er, dass sein
Überleben nur mehr Belästigung, ja, sogar Verwüstung und
Zerstörung für seine Freunde, die Mitglieder der Kirche, bedeuten
würde. Ich denke, dass er nur durch seine Flucht, nur durch die
Warnung des Herrn diese wichtige Lektion lernen konnte. Schließlich
hatte er auf seiner Flucht seinen prophetischen Traum. Er entschied
sich willentlich nach Carthage zu gehen. Er wusste, dass er sterben
würde. Aber er trat seinem Tod entgegen, weil er seine Freunde
liebte. Ihm wurde gezeigt, dass er nicht alleine in seinen Tod gehen
würde. Hyrum und Samuel würden ihn begleiten. Ihm wurde nochmals in
Erinnerung gebracht, dass er, um zu Gott zu gelangen, auch nach
seinem Tod noch vieles lernen müsste. Schließlich wurde ihm im Traum gezeigt, dass, obwohl er sterben
würde, alles überwinden wird und Gott sehen wird. Vielleicht wurde
ihm klar, „dass wir durch viele Bedrängnisse in das Reich Gottes
hineingehen müssen.“ (Apostelgeschichte 14:22.) Ihm wurde
verheißen, dass er als rechtmäßiger Miterbe Christi wie Gott
werden würde.
Ich entnehme aus diesem
Traum, dass ich auch nach meinem Tod, niemals still stehen werde. Es
gibt einen ewigen Fortschritt. Aber irgendwann können wir Gott
sehen. Diese Möglichkeit besteht, wenn ich wie Christus oder Joseph
bis ans Ende ausharre, d.h. bis ans Ende meinen Glauben ausübe und
lerne, lerne, lerne. Der Traum lehrt mich, dass nach dem Tod nicht
alles vorbei ist. Es gibt ein Leben nach dem Tod. Und wir können
über die Mächte des Bösen und über die Welt triumphieren, wenn
wir nach unserem Tod weiterhin im Glauben vorangehen.
Postskriptum (P.S.)
Diese Deutung hört sich an manchen Stellen vielleicht zu kühn an,
als das sie wahr sein könnte. Natürlich besteht eine gewisse
Wahrscheinlichkeit, dass ich zu viel hineininterpretiert habe. Wenn
du ein Mitglied der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage
bist, und dir meine Interpretation nicht gefällt, dann ist das ok.
Wie gesagt, dieser Traum ist nicht doktrinell bindend. Andererseits
sehe ich meine Interpretation als Inspiration vom Heiligen Geist.
Selbst wenn meine Interpretation ein Hineininterpretieren ist, so
kann doch auch dieses Hineininterpretieren vom Heiligen Geist kommen.
Wichtig ist doch bloß, was wir, vom Geist Gottes geleitet, lernen.
Denn wenn wir vom Geist Gottes inspiriert sind, dann erfahren wir
Wahrheit, denn Gott lügt nicht. Und aus der Schrift lernen wir: „Und
was auch immer sie, bewegt vom Heiligen Geist, reden werden, wird
heilige Schrift sein, wird der Wille des Herrn sein, wird der Sinn
des Herrn sein, wird das Wort des Herrn sein, wird die Stimme des
Herrn sein und die Macht Gottes zur Errettung.“
Ich möchte mit diesem
Blogeintrag meine Gefühle und Gedanken über Joseph Smith zum
Ausdruck geben. Ich sehe in ihm einen Menschen, der von Gott auf eine
ganz besondere Art und Weise geführt wurde. Er war ein Prophet
Gottes und hat die ursprünglichen Lehren Jesu Christi wieder auf
Erden gebracht. Er ist mir ein großes Vorbild, indem er sein Leben
für seine Freunde niedergelegt hat.
______________________________________
Fußnoten
1 The
Church of Jesus Christ of Latter-day Saints (Ed.) (1950): History of
the Church of Jesus Christ of Latter-day Saints, Salt Lake City:
Deseret Book Company, Vol 6, Chapter 29. Siehe auch:
https://byustudies.byu.edu/hc/hcpgs/hc.aspx.
2 The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints (Ed.) (1950): History of the Church of Jesus Christ of Latter-day Saints, Salt Lake City: Deseret Book Company, Vol 6, Chapter 29, S. 549. Siehe auch: https://byustudies.byu.edu/hc/hcpgs/hc.aspx.
3 The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints (Ed.) (1950): History of the Church of Jesus Christ of Latter-day Saints, Salt Lake City: Deseret Book Company, Vol 6, Chapter 29-34. Siehe auch: https://byustudies.byu.edu/hc/hcpgs/hc.aspx.
2 The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints (Ed.) (1950): History of the Church of Jesus Christ of Latter-day Saints, Salt Lake City: Deseret Book Company, Vol 6, Chapter 29, S. 549. Siehe auch: https://byustudies.byu.edu/hc/hcpgs/hc.aspx.
3 The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints (Ed.) (1950): History of the Church of Jesus Christ of Latter-day Saints, Salt Lake City: Deseret Book Company, Vol 6, Chapter 29-34. Siehe auch: https://byustudies.byu.edu/hc/hcpgs/hc.aspx.
4 William
Wines Phelps: Joseph Smith's Last Dream. In: William Wines Phelps
(1862): Almanac for the Year 1863: Being the Thirty Fourth Year of
The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints. (From April 6,
1830), Great Salt Lake City: Utah Deseret News Office, S. 27f. Aus: Church History Library,
The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints, M288 P541d 1863.
http://archive.org/details/almanacforyear1863phel, 2013-08-07,
11:04. Nachfolgend abgekürzt: Phelps (1862): Joseph Smith's Last
Dream, S. 27f.
5 Seth Adam Smith: Joseph Smith's Last Dream. Video hochgeladen am 22. Juni 2011 auf YouTube. http://www.youtube.com/watch?v=1q_vgg4WjMk.
6 Seth Adam Smith: Joseph Smith's Last Dream.
http://sethadamsmith.com/joseph-smiths-last-dream/,
2013-08-13, 20:57. Übersetzung von Rocky.
7 Elberfelder-Bibel
2006, http://www.die-bibel.de/online-bibeln/elberfelder-bibel.
Falls nicht anders vermerkt sind diese und weitere Schriftstellen
aus der Elberfelder-Übersetzung.
Nachtrag vom 9. November 2014: Die Seite www.die-bibel.de bietet nicht mehr die Elberfelder Übersetzung 2006 an. Die obigen Zitate sind alle von der Elberfelder Übersetzung 2006 von der nicht mehr aktiven Seite http://www.die-bibel.de/online-bibeln/elberfelder-bibel. Eine ähnliche Übersetzung ist die folgende: Revidierte Elberfelder Bibel (Rev. 26), 1985/1991/2008 Witten: SCM R.Brockhaus im SCM-Verlag GmbH & Co. KG. http://www.bibleserver.com/start, 2014-11-09. Die obigen verlinkten Schriftstellen führen zur revidierten Elberfelder Bibel (Rev. 26), 1985/1991/2008.
8 Siehe
auch King James Version der Bibel von der Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage herausgegeben, https://www.lds.org/scriptures/ot/gen/1?lang=eng,
Anmerkung zu Gen 1:1 Wort 'created'.
9 Hervorhebung
durch Kursivschrift von Rocky hinzugefügt. Das Buch
'Abraham' ist aus dem Buch Die
Köstliche Perle (abgekürzt: KP),
welches mit dem Buch
Mormon (abgekürzt: BM), Lehre
und Bündnisse und der
Bibel (angekürzt: BI) zusammen den Schriftenkanon der Kirche Jesu Christi der Heiligen der
Letzten Tage ausmacht.
Nachtrag vom 9. November 2014: Lehre und Bündnisse der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Offenbarungen enthaltend, die Joseph Smith, dem Propheten, gegeben wurden, nebst einigen Hinzufügungen seiner Nachfolger in der Präsidentschaft der Kirche. o. O. 2003: Intellectual Reserve, Inc. www.lds.org/?lang=deu > Heilige Schriften > Lehre und Bündnisse. https://www.lds.org/scriptures/dc-testament?lang=deu, 2014-11-09.
Nachtrag vom 9. November 2014: Lehre und Bündnisse der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Offenbarungen enthaltend, die Joseph Smith, dem Propheten, gegeben wurden, nebst einigen Hinzufügungen seiner Nachfolger in der Präsidentschaft der Kirche. o. O. 2003: Intellectual Reserve, Inc. www.lds.org/?lang=deu > Heilige Schriften > Lehre und Bündnisse. https://www.lds.org/scriptures/dc-testament?lang=deu, 2014-11-09.
10 Siehe
auch https://www.lds.org/scriptures/ot/isa/27?lang=eng,
Anmerkung zu Isaiah 27:1, Wort 'leviathan'.
11 Seth
Adam Smith: Joseph Smith's Last Dream.
http://sethadamsmith.com/joseph-smiths-last-dream/,
2013-08-13, 20:57. Übersetzung von Rocky.
12 Dieses
Buch ist im Buch Mormon
enthalten.
13 Brigham
Young: Life and Death, or Organization and Disorganisation. Gegeben
im Tabernacle, Great Salt Lake City, July 10, 1853. Stenographische
Mitschrift von G. D. Watt. In G. D. Watt (Ed.) (1854): Journal of
Discourses, vol. 1, S. 349-353. http://journalofdiscourses.com/1/50,
2013-08-10, 21:11. Übersetzung von Rocky.
14 Joseph
Smith, in: Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Hg.):
Lehren des Propheten Joseph Smith (Zusammengestellt von Joseph
Fielding Smith), 1983 Frankfurt am Main, S. 355. Erklärender Zusatz
in eckiger Klammer von Rocky hinzugefügt.
15 Schriftenführer,
Stichwort: 'Licht, Licht Christi'.
https://www.lds.org/scriptures/gs/light-light-of-christ.p2?lang=deu&letter=l,
2013-08-11, 15:18.
* Bildquelle: LDS Media Library. Intellectual Reserve, Inc. https://www.lds.org/media-library/images/portrait-joseph-smith-jerry-harston-189158?lang=eng&category=, 2014-05-15, 22:48.
Letzte Änderung am 09. November 2014,
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