Freitag, 9. August 2013

Joseph Smiths letzter Traum


In Nauvoo, kurz vor dem 11. Juni 1844 wurde Joseph Smith vom Herrn gewarnt, dass eine Gruppe von Männern ihm nach dem Leben trachteten. Der Herr wies Joseph an, in die Rocky Mountains zu fliehen, um sein Leben zu retten. Der Warnung des Herrn folgend floh er am 11. Juni 1844 zusammen mit seinem Bruder Hyrum aus Nauvoo. Sie überquerten in der Nacht vom 22. zum 23. Juni zusammen mit Dr. Richards und Orrin P. Rockwell den Mississippi mit Aaron Johnsons Boot. Orrin P. Rockwell ruderte, während die anderen drei versuchten, mit ihren Stiefeln und Schuhen dem Wasser, das durch ein Leck ins Boot floss, Herr zuwerden. [1]


Joseph Smith

Bildquelle: LDS Media Library.*
Am Sonntagmorgen dem 23. Juni kamen sie am Flussufer von Iowa an. Sie gingen zuerst zu Captain John Killien nach Montrose. Da er aber nicht zu Hause war, gingen sie zum Haus von Bruder William Jordon. Nach W. W. Phelps Worten hatte Joseph Smith hier einen prophetischen Traum. Hier im Haus von Bruder Jordon erfuhr Joseph auch von Governor Fords Vorhaben, ganz Nauvoo solange zu durchsuchen, bis Joseph Smith gefunden werden würde. Emma, Josephs Frau, bat ihren Mann in einem Brief nach Nauvoo zurückzukehren und sie schrieb von der Angst vor der Zerstörung von Haus und Hof, die einige Mitglieder der Kirche hatten, und auch von der Enttäuschung über Josephs Flucht. Joseph antwortete daraufhin: „Wenn mein Leben meinen Freunden nichts wert ist, dann ist es auch mir nichts wert.“[2] [1]

Joseph und Hyrum kehrten zurück nach Nauvoo, weil sie erkannten, dass durch ihre Flucht vieles nur schlimmer geworden wäre für die Glaubensbrüder und -schwestern.[1] Joseph hätte nicht mit dieser Schuld leben können. Das Leid der Mitglieder in Nauvoo war es nicht wert, Josephs Überleben zu ermöglichen.

Auf dem Weg zum Carthage-Gefängnis im Juni 1844, von dem er nie wieder zurückkehren sollte[3], erzählte er seinem Bruder Hyrum und W. W. Phelps von seinem prophetischen Traum, den er kurz zuvor im Haus von Bruder William Jordan hatte. W. W. Phelps veröffentlichte Josephs Traum aber erst 1862. Aber als er ihn veröffentlichte, gab er ihm den Titel 'Joseph Smiths letzter Traum'. [4] 

Wir wissen nicht, warum er sich entschied, diesen prophetischen Traum fast zwei Jahrzehnte später zu veröffentlichen. Es kann auch nicht bewiesen werden, ob dieser Traum nur aus der Feder von W. W. Phelps stammt oder ob Joseph Smith wirklich diesen Traum hatte. Dieses Schriftstück wurde nie – das sei hier angemerkt – in den HLT-Kanon der Heiligen Schriften aufgenommen. Daher ist es auch keine heilige Schrift im engeren Sinne und somit auch nicht doktrinell bindend. Aber ich persönlich glaube daran, dass Joseph diesen Traum hatte. Der reiche Symbolismus steht im Einklang mit den Lehren der Schriften. Zusammen mit der Warnung des Herrn an Joseph, Nauvoo zu verlassen, sollte Joseph Smiths letzter Traum ihn auf seine letzte Mission im Carthage-Gefängnis vorbereiten. Daher können wir auch hier erbaut und von Gott inspiriert werden.

Hier ist ein Video in englischer Sprache, welches Auszüge aus diesem Schriftstück enthält:

(Joseph Smith's last dream, Video von Seth Adam Smith)[5]

Hier ist der englische Text in Auszügen und die deutsche Übersetzung:
''He (i.e. Joseph Smith) said: “While I was at Jordan’s in Iowa the other night, I dreamed that myself and my brother Hyrum went on board of a large steamboat, … . Shortly after we went on board there was an “alarm of fire,” and … as delay was folly, I and Hyrum jumped overboard, and tried our faith at walking upon the water.





At first we sank in the water nearly to our knees, but as we proceeded we increased in faith, and were soon able to walk upon the water.


We proceeded on the bosom of the mighty deep and were soon out of sight of land. The ocean was still; the rays of the sun were bright, and we forgot all the troubles of our Mother Earth. Just at that moment I heard the sound of a human voice, and, turning round, saw my brother Samuel … . … [H]e informed me that he had been lonesome …, and had made up his mind to go with me across the mighty deep.



We all started again, and in a short time were blest with the first sight of a city … . … The next scene, … was more than I can describe: the greeting of old friends, the music from a thousand towers, and the light of God himself at the return of three of his sons, soothed my soul into a quiet and a joy that I felt as if I was truly in heaven. I gazed upon the splendor; I greeted my friends, I awoke, and lo, it was a dream!” […]" (Phelps (1862): Joseph Smith's Last Dream, S. 27f.)[4] 
''Er (d.h. Joseph Smith) sagte: „Während ich neulich am Abend bei Jordan in Iowa war, träumte ich, dass Ich und mein Bruder Hyrum an Bord eines großen Dampfers gingen, … . Kurz nachdem wir das Schiff betraten, wurde Feueralarm ausgerufen und … während Abwarten unsinnig erschien, sprangen Ich und Hyrum über Bord und versuchten unseren Glauben auszuüben, indem wir über dem Wasser liefen.

Am Anfang sanken wir fast knietief ins Wasser, aber während wir weitergingen, nahm unser Glaube zu und schon bald konnten wir auf dem Wasser gehen.

Wir gingen weiter auf dem Schoße der mächtigen Tiefe und konnten bald kein Land mehr sichten. Der Ozean war still, die Strahlen der Sonne waren hell und wir vergaßen all die Sorgen unserer Mutter Erde. Gerade in diesem Moment hörte ich den Klang einer menschlichen Stimme, und als ich mich umdrehte, sah ich meinen Bruder Samuel … . … [E]r sagte mir, dass er … einsam war und sich entschied, mit mir die große Tiefe zu überqueren.

Wir gingen weiter, und nach einer kurzen Zeit wurden wir mit dem ersten Anblick einer Stadt gesegnet … . … Das nächste Bild, … war überragender, als ich es beschreiben kann: Begrüßung von alten Freunden, Musik von tausend Türmen und Licht, das von Gott selbst ausging – als drei von seinen Söhnen zurückkehrten –, erfüllten meine Seele mit Frieden, Ruhe und Freude so sehr, dass ich mich wirklich wie im Himmel fühlte. Ich bestaunte die Herrlichkeit, ich grüßte meine Freunde; ich erwachte und gewahr, es war ein Traum!“ […]" (Phelps (1862): Joseph Smith's Last Dream, S. 27f. Übersetzung von Rocky.)[4] 

Hier nun einige Erklärungen zu den Symbolen:



Josephs und Hyrums Flucht
„Joseph und sein Bruder Hyrum haben vieles von der zivilisierten Welt hinter sich gelassen, als sie westwärts den Mississippi überquerten. Ihr Boot hat eine Leck; so bestand die Möglichkeit zu sinken. Als sie an der anderen Seite ankamen, hatte Joseph wohl Erleichterung gefühlt und wohl geglaubt, dass er und sein Bruder sich in Sicherheit begeben hatten.
     Während Joseph schlief, wurden die Ereignisse der letzten paar Stunden in seinem Traum ausgestaltet. Das Boot mit dem Leck wurde zu einem großen Dampfer, der zu brennen anfing; der Mississippi wurde zu einem großen Ozean und während sie vorangingen, fühlten sie, wie sie all ihre Sorgen hinter sich ließen.“[6]



[W]ährend Abwarten unsinnig erschien, sprangen Ich und Hyrum über Bord“
Dieser Traum zeigt an dieser Stelle eindeutig, dass er von seinem und seines Bruders Tod geträumt hat. Sie verließen die Welt, die Joseph nicht haben wollte. Sie verließen eine Welt voller Sorgen und Tod.



Ich und Hyrum ... versuchten unseren Glauben auszuüben, indem wir über dem Wasser liefen. Am Anfang sanken wir fast knietief ins Wasser, aber während wir weitergingen, nahm unser Glaube zu“

Am Anfang sanken wir fast knietief ins Wasser“
Wasser hat in den Schriften stets eine zweifache Bedeutung. Es steht für gutes und schlechtes.
Es bedeutet einerseits Reinheit. Wenn wir uns taufen lassen, dann tun wir das durch Untertauchen im Wasser. Das Wasser wäscht unseren ganzen Leib und unser ganzes Wesen rein.
      Andererseits steht es auch für Grab und Tod. Paulus schreibt beispielsweise: „3Oder wisst ihr nicht, dass wir, so viele auf Christus Jesus getauft wurden, auf seinen Tod getauft worden sind? 4So sind wir nun mit ihm begraben worden durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus aus den Toten auferweckt worden ist durch die Herrlichkeit des Vaters, so <werden> auch wir in Neuheit des Lebens wandeln.“ (BI Römer 6:3f.)[7] Das Wasser steht hier für das Grab, in welchem der alte, sündige Leib getaucht wird und komplett begraben wird. Das Auftauchen aus dem Wasser symbolisiert das Hervorkommen aus dem Grab, die Auferstehung des neuen und sündlosen, reinen Menschen.
      Im alten Testament der Bibel ist das Wasser Symbol für Chaos. Als Gott (hebr. Elohim = Götter) die Welt erschuf, ordnete er die Welt aus vorhandener Materie, die in ihrem Rohzustand ungeordnet, d.h. chaotisch, war. So heißt es ganz zu Anfang im Alten Testament: „1Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde. 2Und die Erde war wüst und leer, und Finsternis war über der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte über dem Wasser.“ (BI Genesis 1:1f., Hervorhebung hinzugefügt). Erschaffung muss hier im Sinne von Schöpfung oder Kreierung verstanden werden. Im hebr. Text steht nicht 'schuf' sondern 'formte' und bezeichnet nicht die Erschaffung von Materie aus dem Nichts, sondern das Zusammenfügen und Formen von schon bereits vorhandener Materie, die sich in einem chaotischen (=ungeordneten) Zustand befand.[8] Auf dem Wasser schwebte der Geist Gottes, oder in anderen Worten, die wirksame Macht Gottes war über dem Wasser. Im abrahamischen Schöpfungsbericht lesen wir folgendes: „1Und dann sprach der Herr: Laßt uns hinabgehen. Und sie gingen am Anfang hinab, und sie, das heißt die Götter, formten und gestalteten die Himmel und die Erde. 2Und die Erde, nachdem sie gestaltet war, war leer und öde, denn sie hatten noch nichts gestaltet als nur die Erde; und Finsternis herrschte über dem Antlitz der Tiefe, und der Geist der Götter brütete über dem Antlitz der Wasser.“ (KP Abraham 4:1f.)[9] So, wie eine Henne auf ihren Eiern sitzt und sie bebrütet, wodurch sich kleine Kücken in den Eiern entwickeln, so hat auch der Geist der Götter auf dem Wasser, dass hier für die ungeordnete Materie steht, gewirkt und alles auf dieser Erde geformt.
      Das Wasser ist auch ein Symbol für die Hölle. So heißt es beispielsweise bei Jesaja: „An jenem Tag wird der HERR mit seinem harten, großen und starken Schwert heimsuchen den Leviatan, die flüchtige Schlange, und den Leviatan, die gewundene Schlange, und wird das Ungeheuer erschlagen, das im Meer ist.“ (Jesaja 27:1.) Der Leviathan ist ein legendäres Seeungeheuer, welches hier in diesem Vers die Verkörperung des Bösen ist, welches im Chaos lebt und sich dem Schöpfer widersetzt.[10] Luzifer (= Lichtträger), ein Engel Gottes, der aus dem Himmel ausgeschlossen wurde, weil er sich dem Schöpfergott wiedersetzte, und zum Satan (= Ankläger) und Teufel (= Verwirrer) wurde, wird in der Offenbarung des Johannes im neuen Testament auch als Schlange und Drachen (Ungeheuer) bezeichnet (siehe Offenbarung 20:2). Der Leviathan (=der sich Windende), der im Wasser wohnt, steht für den Teufel, der in der Hölle wohnt.

während wir weitergingen, nahm unser Glaube zu“
Wenn wir uns nun mit diesem Hintergrundwissen den Traum nochmal angucken, dann fällt auf, dass das Gehen auf dem Wasser viel Aussagekraft besitzt. Joseph und Hyrum sanken am Anfang fast bis zu ihren Knien ins Wasser. Als sie aus dem Bot sprangen, sanken sie in den Tod. Sie starben. Doch sie starben nicht in ihren Sünden. Die Welt, die Hölle konnte sie nicht überwältigen. Denn sie hatten Glauben und zeigten ihren Glauben durch ihre Taten und lebten in ihrem Glauben. Welch ein Beispiel für uns. Im Leben waren sie dem Evangelium gehorsam und im Tod harrten sie weiter im Glauben aus. Sie überwanden alle Verwirrung, allen Zweifel und alle Angst durch ihren Glauben an Gott.



Gerade in diesem Moment hörte ich den Klang einer menschlichen Stimme, und als ich mich umdrehte, sah ich meinen Bruder Samuel … . … [E]r sagte mir, dass er … einsam war und sich entschied, mit mir die große Tiefe zu überqueren.“

Gerade in diesem Moment hörte ich den Klang einer menschlichen Stimme, und als ich mich umdrehte, sah ich meinen Bruder Samuel“
„Samuel, Josephs und Hyrums jüngerer Bruder, verstarb an einer unbekannten Todesursache (vielleicht Hernie oder innere Blutungen) etwa einen Monat nach deren Märtyrertod. Als Samuel erfuhr, dass Joseph und Hyrum im Carthage-Gefängnis waren, kaufte er sich ein Rennpferd und ritt so schnell er konnte nach Carthage, um seinen Brüdern zu helfen. Er war einer der ersten Mormonen, die dort ankamen, nachdem seine Brüder getötet wurden. Es wurde spekuliert, dass sein Einreiten in Carthage den Mob in Schrecken versetzte und verscheuchte und dass sein harter Ritt innere Blutungen verursachte, woran er schließlich verstarb. Die Tatsache, dass er sich mit seinen Brüdern wieder vereint, ist – gelinde gesagt – prophetisch.“[11]

[E]r sagte mir, dass er … einsam war und sich entschied, mit mir die große Tiefe zu überqueren“
Seine Aussage, „dass er … einsam war und sich entschied, mit … [Joseph] die große Tiefe zu überqueren“, zeugt von großer Liebe und Trauer. Vielleicht ist Samuel nicht an einer Hernie oder an innere Blutungen verstorben. Vielleicht starb er gebrochenen Herzens. Vielleicht war seine Sehnsucht zu seinem Bruder und Propheten so groß, dass er nicht mehr in dieser Welt gehalten werden konnte. Vielleicht war er wirklich einsam und sehnte sich mit Joseph wieder vereint zu sein, um mit ihm den Weg zu Gott zu gehen. Ich kann mir gut vorstellen, dass er wegen gebrochenen Herzens verstarb. Was für eine Liebe mussten die beiden gehabt haben. Was für eine Liebe sollten wir entwickeln? Ich muss bei dieser Frage immer an die folgenden Aufforderungen aus der Heiligen Schrift denken:
Moroni:33Und weiter: Ich denke daran, daß du gesagt hast, du habest die Welt geliebt, ja, so daß du dein Leben für die Welt niedergelegt hast, um es wieder aufzunehmen, um für die Menschenkinder eine Stätte zu bereiten. 34Und nun weiß ich, daß diese Liebe, die du für die Menschenkinder gehabt hast, Nächstenliebe ist; darum, wenn die Menschen keine Nächstenliebe haben, können sie jene Stätte nicht ererben, die du in den Wohnungen deines Vaters bereitet hast.“ (Ether 12:33f.)[12]  
Johannes:7Geliebte, lasst uns einander lieben! Denn die Liebe ist aus Gott; und jeder, der liebt, ist aus Gott geboren und erkennt Gott. 8Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt, denn Gott ist Liebe.“ (1. Brief des Johannes 4:7f.)


Wir gingen weiter auf dem Schoße der mächtigen Tiefe und konnten bald kein Land mehr sichten. Der Ozean war still … . … Wir gingen weiter, und nach einer kurzen Zeit wurden wir mit dem ersten Anblick einer Stadt gesegnet … .“
Joseph, Hyrum und Samuel gingen über einen riesigen Ozean. Sie mussten dafür ihren Glauben ausüben (siehe oben) und in diesem verharren, d.h. immer weiter vorangehen. Brigham Young lehrte: „Alle organisierte Existenz ist in einem Ablauf, entweder hin zu einem endlosen Fortschritt in ewigen Perfektionen, oder zurück zum Verfall. […] [E]s gibt kein Prinzip, keine Macht, Weisheit, kein Wissen, Leben, keinen Stand oder irgendetwas, das man sich vorstellen kann, das feststehend bleibt – sie müssen zu- oder abnehmen.“[13] Joseph Smith lehrte: „Es wird aber, nachdem ihr durch den Schleier gegangen seid, noch lange dauern bis ihr sie [d.h. die Prinzipien der Erhöhung] aufgenommen haben werdet. In dieser Welt kann man nicht alles begreifen; es wird ein großes Stück Arbeit sein, alles in bezug auf unsere Errettung und Erhöhung auch noch nach dem Tod in Erfahrung zu bringen.“[14] Bevor wir auf der Erde waren, haben wir Fortschritt gemacht. Während unseres sterblichen Daseins und nach unserem Tod, werden wir auch niemals stillstehen. Josephs, Hyrums und Samuels Weg auf der großen Tiefe symbolisiert für mich dieses Vorwärtsstreben im Glauben, was nichts anderes als das Aneignen von Prinzipien der Erhöhung ist.



Begrüßung von alten Freunden, Musik von tausend Türmen und Licht, das von Gott selbst ausging …, erfüllten meine Seele mit Frieden, Ruhe und Freude so sehr, dass ich mich wirklich wie im Himmel fühlte.“

Begrüßung von alten Freunden“
Der Himmel ist kein einsamer Ort. Dort treffen wir unsere Lieben. Es ist die Lehre der Kirche Jesu Christi, dass man auf ewig im Familienbunde zusammenleben kann, wenn man sich für diese Segnungen qualifiziert. Gottsein besteht in der Gemeinschaft, die ihrerseits von besonderer Qualität ist. Selbst am Anfang der Bibel ist von Elohim die Rede. Elohim ist die Mehrzahl von Eloah (Gott). Eloah ist in der Gemeinschaft von anderen 'Eloahs', die zusammen als Elohim wirken. Diese Gemeinschaft ist, wie gesagt, von besonderer Qualität. Es ist eine Bindung, eine Siegelung. Man wird auf ewig an alle anderen Wesen im Gefilde der Elohim (oder: im höchsten Himmel des celestialen (himmlischen) Reiches) gesiegelt.

Musik von tausend Türmen“
Es gibt Musik im Himmel. Das entnehme ich nicht nur aus diesem Traum, sondern auch aus anderen Schriftstellen. Als die Erde erschaffen wurde, jubelten „die Morgensterne miteinander … und alle Söhne Gottes jauchzten“ (Hiob 38:7). Als Christus geboren wurde, erschienen Engel den Hirten, die in der Nähe ihre Schafe hüteten, und lobten Gott: „Herrlichkeit Gott in der Höhe, und Friede auf Erden in den Menschen <des> Wohlgefallens!“ (Lukas 2:14.) Wie schön musste es gewesen sein, dem himmlischen Chor zu lauschen. Die Erlösten, die die Welt überwunden haben, singen im Himmel und preisen Gott: „2Und ich sah <etwas> wie ein gläsernes Meer, mit Feuer gemischt, und <sah> die Überwinder über das Tier und über sein Bild und über die Zahl seines Namens an dem gläsernen Meer stehen, und sie hatten Harfen Gottes. 3Und sie singen das Lied Moses, des Knechtes Gottes, und das Lied des Lammes und sagen: Groß und wunderbar <sind> deine Werke, Herr, Gott, Allmächtiger! Gerecht und wahrhaftig <sind> deine Wege, König der Nationen!“ (Offenbarung 15:2f.) König Benjamins Hoffnung war es, in Frieden in sein Grab hinabzugehen und das sein „unsterblicher Geist sich mit den Chören in der Höhe vereinige, um einem gerechten Gott zu lobsingen.“ (Mosia 2:28.)[12] 
      Für Alma scheint mit der Herzenswandlung, auch der „Gesang der erlösenden Liebe“ (Alma 5:26)[12] einherzugehen. Aufgrund der eigenen unendlichen Dankbarkeit für die Güte Gottes, scheint der einzige angemessene Weg, diese Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen, nur durch den Lobpreis im Gesang zu sein. Im Himmel scheint es also Gesang zu geben. Wundert es daher, dass Gott soviel Wert auf Musik legt? Warum sonst würde er sogar dem Gottesvolk auf Erden das Gebot geben: „Wenn du fröhlich bist, so preise den Herrn mit Gesang, mit Musik, mit Tanz und mit einem Gebet des Lobes und der Danksagung.“ (Lehre und Bündnisse 136:28.) Musik scheint etwas Himmlisches zu sein. An anderer Stelle sagte der Herr: „Denn meine Seele erfreut sich am Lied des Herzens; ja, das Lied der Rechtschaffenen ist ein Gebet für mich, und es wird mit einer Segnung auf ihr Haupt beantwortet werden.“ (Lehre und Bündnisse 25:12.) Gott legt großen Wert auf Musik. Sollten wir nicht auch großen Wert auf gute Musik legen? Mir gefällt es, dass in Josephs Traum Musik von tausend Türmen erklang. Dass all die himmlischen Wesen sich freuten, jubelten und musizierten, weil drei Brüder wieder zurück in die himmlische Gemeinde gefunden haben. Die Musik in Josephs Traum steht für die Freude Gottes. Und wir wissen durch die Schrift, dass Gott sich über jedes seiner Kinder freut, das zu ihm findet (siehe Lukas 15:11-24).

Licht, das von Gott selbst ausging“
Von Gott geht Licht aus. Er ist ein herrliches Wesen. Gott offenbarte Jospeh am 27. Dezember 1832: „11Und das Licht, das leuchtet und euch Licht gibt, ist durch ihn, der euch die Augen erleuchtet, und das ist dasselbe Licht, das euch das Verständnis belebt; 12dieses Licht geht von der Gegenwart Gottes aus und erfüllt die Unermeßlichkeit des Raumes— 13das Licht, das in allem ist, das allem Leben gibt, das das Gesetz ist, wodurch alles regiert wird, ja, die Macht Gottes, der auf seinem Thron sitzt, der im Schoß der Ewigkeit ist, der inmitten von allem ist.“ (Lehre und Bündnisse 88:11-13.) Das Licht Gottes ist „[g]öttliche Energie, Macht oder Einfluß, der von Gott durch Christus ausgeht und allem Leben und Licht gibt.“[15] Alles wird durch Gottes Macht regiert. Durch seine Macht erschuf er das All. Seine Macht zeigt sich in den Naturgesetzen. Seine Macht bzw. sein Licht zeigt sich in Form unseres Gewissens, ein angeborenes Grundgefühl für das, was richtig ist, also von Gott kommt, und für das, was falsch ist, uns von Gott entfremdet (siehe Moroni 7:16-19).[12] 

erfüllten meine Seele mit Frieden, Ruhe und Freude so sehr, dass ich mich wirklich wie im Himmel fühlte“
Joseph, Hyrum und Samuel sahen die Herrlichkeit und Macht Gottes, die von ihm ausgeht und alles erfüllt. Sie wurden von dieser Macht erfüllt. Joseph sagte, dass er sich wie im Himmel fühlte, da dieses Licht, seine Seele mit Frieden, Ruhe und Freude füllte. Ruhe bzw. Stille scheint eines von Gottes Merkmalen zu sein. Die Heiligen in alttestamentlicher Zeit wussten um Jesus (siehe Apostelgeschichte 10:42f.) kehrten um, wurden vom Heiligen Geist geheiligt „und es gab viele, überaus sehr viele, die rein gemacht wurden und in die Ruhe des Herrn, ihres Gottes, eingingen.“ (Alma 13:12.) Von Mose und seinem Volk heißt es, dass Mose „eifrig danach [trachtete], sein Volk zu heiligen, damit sie das Angesicht Gottes sehen könnten; aber sie verhärteten ihr Herz und konnten seine Gegenwart nicht ertragen; darum schwor der Herr in seinem Grimm, denn sein Zorn war gegen sie entflammt, sie sollten, solange sie in der Wildnis seien, nicht in seine Ruhe eintreten, und diese Ruhe ist die Fülle seiner Herrlichkeit.“ (Lehre und Bündnisse 84:23f.) Wenn nun die Ruhe Gottes die Fülle, d.h. Gänze, der Herrlichkeit Gottes ist. Seine Herrlichkeit sein Licht ist. Und sein Licht seine Macht ist, so wurde Joseph von der Macht Gottes erfüllt. Diese Erfüllung von Gottes Licht, Macht und Ruhe ist ein Symbol für das Erbe Gottes, das all diejenigen erwartet, die sich als Kinder Gottes qualifizieren. Paulus beschreibt dies wie folgt: „16Der Geist selbst bezeugt <zusammen> mit unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind. 17Wenn aber Kinder, so auch Erben, Erben Gottes und Miterben Christi, wenn wir wirklich mitleiden, damit wir auch mitverherrlicht werden.“ (Römer 8:16f.) Wir sind Kinder Gottes und können Erben Gottes und Miterben Christi werden. Wow! Das ist ein krasses Ding! Denn was hat Gott? Was hat Christus ererbt? Alles! Einfach alles! Und wir können auch zu Erben des Alls werden? Und wie können wir das werden? Dadurch, dass wir leiden, wie Christus gelitten hat. Dann werden wir zu Erben des Alls, dann werden wir wie Gott. Diese Lehre ist sowohl biblisch als auch wahr und wird im Traum widergespiegelt.



Fazit
Josephs letzter Traum – zusammen mit der Warnung des Herrn, Nauvoo zu verlassen – sollte ihn auf seine letzte Mission im Carthage-Gefängnis vorbereiten. Er wurde gewarnt, und er floh. Durch seine Flucht erkannte er, dass sein Überleben nur mehr Belästigung, ja, sogar Verwüstung und Zerstörung für seine Freunde, die Mitglieder der Kirche, bedeuten würde. Ich denke, dass er nur durch seine Flucht, nur durch die Warnung des Herrn diese wichtige Lektion lernen konnte. Schließlich hatte er auf seiner Flucht seinen prophetischen Traum. Er entschied sich willentlich nach Carthage zu gehen. Er wusste, dass er sterben würde. Aber er trat seinem Tod entgegen, weil er seine Freunde liebte. Ihm wurde gezeigt, dass er nicht alleine in seinen Tod gehen würde. Hyrum und Samuel würden ihn begleiten. Ihm wurde nochmals in Erinnerung gebracht, dass er, um zu Gott zu gelangen, auch nach seinem Tod noch vieles lernen müsste. Schließlich wurde ihm im Traum gezeigt, dass, obwohl er sterben würde, alles überwinden wird und Gott sehen wird. Vielleicht wurde ihm klar, „dass wir durch viele Bedrängnisse in das Reich Gottes hineingehen müssen.“ (Apostelgeschichte 14:22.) Ihm wurde verheißen, dass er als rechtmäßiger Miterbe Christi wie Gott werden würde.
Ich entnehme aus diesem Traum, dass ich auch nach meinem Tod, niemals still stehen werde. Es gibt einen ewigen Fortschritt. Aber irgendwann können wir Gott sehen. Diese Möglichkeit besteht, wenn ich wie Christus oder Joseph bis ans Ende ausharre, d.h. bis ans Ende meinen Glauben ausübe und lerne, lerne, lerne. Der Traum lehrt mich, dass nach dem Tod nicht alles vorbei ist. Es gibt ein Leben nach dem Tod. Und wir können über die Mächte des Bösen und über die Welt triumphieren, wenn wir nach unserem Tod weiterhin im Glauben vorangehen.



Postskriptum (P.S.)
Diese Deutung hört sich an manchen Stellen vielleicht zu kühn an, als das sie wahr sein könnte. Natürlich besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass ich zu viel hineininterpretiert habe. Wenn du ein Mitglied der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage bist, und dir meine Interpretation nicht gefällt, dann ist das ok. Wie gesagt, dieser Traum ist nicht doktrinell bindend. Andererseits sehe ich meine Interpretation als Inspiration vom Heiligen Geist. Selbst wenn meine Interpretation ein Hineininterpretieren ist, so kann doch auch dieses Hineininterpretieren vom Heiligen Geist kommen. Wichtig ist doch bloß, was wir, vom Geist Gottes geleitet, lernen. Denn wenn wir vom Geist Gottes inspiriert sind, dann erfahren wir Wahrheit, denn Gott lügt nicht. Und aus der Schrift lernen wir: „Und was auch immer sie, bewegt vom Heiligen Geist, reden werden, wird heilige Schrift sein, wird der Wille des Herrn sein, wird der Sinn des Herrn sein, wird das Wort des Herrn sein, wird die Stimme des Herrn sein und die Macht Gottes zur Errettung.“
     Ich möchte mit diesem Blogeintrag meine Gefühle und Gedanken über Joseph Smith zum Ausdruck geben. Ich sehe in ihm einen Menschen, der von Gott auf eine ganz besondere Art und Weise geführt wurde. Er war ein Prophet Gottes und hat die ursprünglichen Lehren Jesu Christi wieder auf Erden gebracht. Er ist mir ein großes Vorbild, indem er sein Leben für seine Freunde niedergelegt hat.


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Fußnoten
The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints (Ed.) (1950): History of the Church of Jesus Christ of Latter-day Saints, Salt Lake City: Deseret Book Company, Vol 6, Chapter 29. Siehe auch: https://byustudies.byu.edu/hc/hcpgs/hc.aspx.

The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints (Ed.) (1950): History of the Church of Jesus Christ of Latter-day Saints, Salt Lake City: Deseret Book Company, Vol 6, Chapter 29, S. 549. Siehe auch: https://byustudies.byu.edu/hc/hcpgs/hc.aspx.

The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints (Ed.) (1950): History of the Church of Jesus Christ of Latter-day Saints, Salt Lake City: Deseret Book Company, Vol 6, Chapter 29-34. Siehe auch: https://byustudies.byu.edu/hc/hcpgs/hc.aspx.


William Wines Phelps: Joseph Smith's Last Dream. In: William Wines Phelps (1862): Almanac for the Year 1863: Being the Thirty Fourth Year of The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints. (From April 6, 1830), Great Salt Lake City: Utah Deseret News Office, S. 27f. Aus: Church History Library, The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints, M288 P541d 1863. http://archive.org/details/almanacforyear1863phel, 2013-08-07, 11:04. Nachfolgend abgekürzt: Phelps (1862): Joseph Smith's Last Dream, S. 27f.


Seth Adam Smith: Joseph Smith's Last Dream. Video hochgeladen am 22. Juni 2011 auf YouTube. http://www.youtube.com/watch?v=1q_vgg4WjMk.


Seth Adam Smith: Joseph Smith's Last Dream. http://sethadamsmith.com/joseph-smiths-last-dream/, 2013-08-13, 20:57. Übersetzung von Rocky.


Elberfelder-Bibel 2006, http://www.die-bibel.de/online-bibeln/elberfelder-bibel. Falls nicht anders vermerkt sind diese und weitere Schriftstellen aus der Elberfelder-Übersetzung.
Nachtrag vom 9. November 2014: Die Seite www.die-bibel.de bietet nicht mehr die Elberfelder Übersetzung 2006 an. Die obigen Zitate sind alle von der Elberfelder Übersetzung 2006 von der nicht mehr aktiven Seite http://www.die-bibel.de/online-bibeln/elberfelder-bibel. Eine ähnliche Übersetzung ist die folgende: Revidierte Elberfelder Bibel (Rev. 26), 1985/1991/2008 Witten: SCM R.Brockhaus im SCM-Verlag GmbH & Co. KG. http://www.bibleserver.com/start, 2014-11-09. Die obigen verlinkten Schriftstellen führen zur revidierten Elberfelder Bibel (Rev. 26), 1985/1991/2008.


Siehe auch King James Version der Bibel von der Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage herausgegeben,  https://www.lds.org/scriptures/ot/gen/1?lang=eng, Anmerkung zu Gen 1:1 Wort 'created'.


Hervorhebung durch Kursivschrift von Rocky hinzugefügt. Das Buch 'Abraham' ist aus dem Buch Die Köstliche Perle (abgekürzt: KP), welches mit dem Buch Mormon (abgekürzt: BM), Lehre und Bündnisse und der Bibel (angekürzt: BI) zusammen den Schriftenkanon der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage ausmacht.
Nachtrag vom 9. November 2014: Lehre und Bündnisse der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Offenbarungen enthaltend, die Joseph Smith, dem Propheten, gegeben wurden, nebst einigen Hinzufügungen seiner Nachfolger in der Präsidentschaft der Kirche. o. O. 2003: Intellectual Reserve, Inc. www.lds.org/?lang=deu > Heilige Schriften > Lehre und Bündnisse. https://www.lds.org/scriptures/dc-testament?lang=deu, 2014-11-09.


10 Siehe auch https://www.lds.org/scriptures/ot/isa/27?lang=eng, Anmerkung zu Isaiah 27:1, Wort 'leviathan'.


11 Seth Adam Smith: Joseph Smith's Last Dream. http://sethadamsmith.com/joseph-smiths-last-dream/, 2013-08-13, 20:57. Übersetzung von Rocky.


12 Dieses Buch ist im Buch Mormon enthalten.


13 Brigham Young: Life and Death, or Organization and Disorganisation. Gegeben im Tabernacle, Great Salt Lake City, July 10, 1853. Stenographische Mitschrift von G. D. Watt. In G. D. Watt (Ed.) (1854): Journal of Discourses, vol. 1, S. 349-353. http://journalofdiscourses.com/1/50, 2013-08-10, 21:11. Übersetzung von Rocky.


14 Joseph Smith, in: Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Hg.): Lehren des Propheten Joseph Smith (Zusammengestellt von Joseph Fielding Smith), 1983 Frankfurt am Main, S. 355. Erklärender Zusatz in eckiger Klammer von Rocky hinzugefügt.


15 Schriftenführer, Stichwort: 'Licht, Licht Christi'. https://www.lds.org/scriptures/gs/light-light-of-christ.p2?lang=deu&letter=l, 2013-08-11, 15:18.

* Bildquelle: LDS Media Library. Intellectual Reserve, Inc. https://www.lds.org/media-library/images/portrait-joseph-smith-jerry-harston-189158?lang=eng&category=, 2014-05-15, 22:48.



Letzte Änderung am 09. November 2014,

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