Montag, 9. September 2013

Tod

Euripides: „Niemand kann zuversichtlich sagen, dass er am nächsten Tag noch leben wird.“1

Am frühen Dienstagmorgen ist ein Missionar, der in unserer Gemeinde tätig war, im städtischen Krankenhaus an schweren Hirnblutungen verstorben.
Dieser hatte zuletzt telefonischen Kontakt mit anderen Missionaren am Donnerstagabend. Seit Freitag wurde er telefonisch nicht erreicht. Am Sonntag ist er nicht zur Kirche gekommen. Sonntagabend habe ich dann den Missionspräsidenten angerufen und ihn über die Situation informiert. Nach einigen Telefonaten wurde durch den Schlüsseldienst dessen Wohnung aufgebrochen, und da lag er schwer atmend auf dem Boden. Der Notruf wurde verständigt. Die Notärzte waren schnell da und haben ihn abgeholt. Im Krankenhaus stellte sich heraus, dass er an starke Hirnblutungen litt, so stark, dass er nicht operiert werden konnte. Am frühen Dienstagmorgen verstarb er dann. Es stellte sich heraus, dass er in seiner Wohnung seit mindestens drei Tagen dort lag. Wir konnten nichts mehr machen. Sein Anblick, wie er dort auf dem Boden lag, ließ mich nicht los. In den darauffolgenden Tagen kam mir dieses Bild immer wieder vor Augen.

Bildquelle: LDS Media Library. IRI.[~]
Die Sicherheit des Todes hatte mir Angst eingejagt. Und ich habe mir erneut die Fragen gestellt: Warum? Gibt es wirklich ein Leben nach dem Tod? Solche Zweifel oder Fragen sind auch für einen gläubigen Menschen nichts sonderbares. Wir mögen uns genauso wie Hiob – von dem gesagt wird, dass er ein besonderer Mann Gottes war, „ein Mann, so rechtschaffen und redlich, der Gott [fürchtete] und das Böse [mied]“2 – fragen: „[E]in Mensch verscheidet, und wo ist er <dann>?“3 „Wenn ein Mann stirbt, wird er etwa wieder leben?“4 In diesem Moment habe ich mich erinnert, dass Pr. Monson etwas dazu gesagt hatte. Als ich danach suchte, fand ich diese seine Worte:

„Brüder und Schwestern, wir alle müssen sterben. Der Tod ruft die Betagten, die schon schwach auf den Füßen sind. Er kommt aber auch zu denjenigen, die mitten im Leben stehen, und oft bringt er sogar das Lachen eines kleinen Kindes zum Schweigen. Jeder muss sterben. Das ist eine Tatsache, die keiner leugnen und der keiner entkommen kann.

Oft kommt der Tod als Eindringling. Er ist ein Feind, der plötzlich mitten im Fest des Lebens auftaucht und das Licht und den Frohsinn auslöscht. Der Tod legt seine schwere Hand auf unsere Lieben und lässt uns mitunter verwirrt und voller Fragen zurück. In manchen Situationen, beispielweise bei schwerem Leid und bei Krankheit, kommt der Tod als Engel der Barmherzigkeit. Doch in den meisten Fällen betrachten wir ihn als Feind des Menschenglücks.

Das Dunkel des Todes kann aber durch das Licht offenbarter Wahrheit auf immer vertrieben werden. "Ich bin die Auferstehung und das Leben", hat der Herr gesagt. "Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben."+

Diese Zusicherung – diese heilige Bestätigung vielmehr –, dass es nämlich ein Leben jenseits des Grabes gibt, kann ganz gewiss jenen Frieden schenken, den der Erretter seinen Jüngern mit folgenden Worten verheißen hat: "Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt, gebe ich euch. Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht."#

Inmitten der Finsternis und des Schreckens von Golgota konnte man die Stimme des Lammes vernehmen: "Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist."* Dann war die Finsternis nicht länger dunkel, denn er war bei seinem Vater. Er war von Gott gekommen und zu ihm zurückgekehrt. Und wer mit Gott durch das Erdenleben geht, der weiß aus eigener, heiliger Erfahrung, dass Gott seine Kinder nicht im Stich lässt, sofern sie ihm vertrauen. In der Nacht des Todes ist Gottes Gegenwart "besser als ein Licht und sicherer als jeder Weg, den man gut kennt".

[...] Da das Leben so zerbrechlich und der Tod unausweichlich ist, müssen wir aus jedem Tag das Beste machen.“5

Ich weiß nicht, wie ich mich an diese Worte von der Oktober-Generalkonferenz 2001 erinnern konnte. Oktober 2001 war meine erste Generalkonferenz. Ich weiß noch, wie ich dort die Konferenz geschaut habe. Ich weiß noch, dass ich die Farbgestaltung der Räume in der Kirche als recht komisch empfand. Aber ich kann mich nicht daran erinnern, was dort gesagt wurde, oder wer dort gesprochen hatte. Aber in diesem Moment, als ich Hilfe brauchte, half mir Gott durch seinen Geist.

Es ist wahr, dass der Geist uns an die Dinge des Evangeliums erinnert, die wir mal gelesen, gehört oder gelernt haben. Dies war die Verheißung, die Jesus seinen Jüngern gab: „Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“ (Johannes 14:26.)6 In dem Moment, als ich seiner bedurfte, half er mir, mich der Trostworte von Pr. Monson zu erinnern.

Jedem kann diese Bestätigung des Geistes gegeben werden. Jeder kann schon in diesem Leben erfahren, dass Gott da ist, und dass es ein Leben nach dem Tod gibt. Ich bin Gott so dankbar, dass wir nach unserem Leben nicht aufhören zu existieren. Ich bin ihm dankbar, dass durch Gehorsam gegenüber dem Evangelium und durch die Gnade Gottes, wir mit unserer Familie auf ewig beisammen sein können. Diese Hoffnung erhellt unsere Sicht auf das Leben und Sterben. Sie gibt unserem Dasein einen Sinn. Sie spornt uns an, aus jedem Tag das Beste zu machen.

Diese Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod, das im Familienbunde und in der Gegenwart Gottes ist, kommt aus dem Zeugnis von Jesus Christus. Er ist unser Erlöser. Er löst uns von den Ketten des physischen Todes, indem wir dank seines Sühnopfers und seiner Auferstehung auferstehen werden. Er löst uns von den Ketten der Hölle, d.h. er hebt unser Getrennt-sein-von-Gott auf, durch sein Sühnopfer, durch seine Gnade und durch unseren Glauben an ihn. In seinem Licht verliert der Tod seinen Schrecken. Es ist mein Wunsch, dass unser Glaube in seinem Inhalt und seiner Stärke dem Glauben des Volkes Ammon im Buch Mormon gleicht. Denn von diesem Volk heißt es: „[S]ie betrachteten den Tod, wegen ihrer Hoffnung auf Christus und ihrer Ansichten von ihm und der Auferstehung, niemals auch nur mit dem mindesten Schrecken; darum war der Tod für sie im Sieg Christi darüber verschlungen.“ (Buch Mormon, Alma 27:28.)


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1Dieses Zitat wird dem griechischen Philosophen Euripides zugesprochen. Quellen: http://www.quotegarden.com/death.html, 2013-09-08, 23:01. http://en.wikiquote.org/wiki/Talk:Euripides, 2013-09-08, 23:03. Deutsche Übersetzung aus dem Englischen von Rocky.


2Hiob 1:8, Elberfelder Übersetzung 2006: http://www.die-bibel.de/online-bibeln/elberfelder-bibel/bibeltext/. Wenn nicht anders angegeben, kommen die nachfolgenden Bibelstellen von derselben Übersetzung.


3Hiob 14:10.


4Hiob 14:14.


+Johannes 11:25f.


#Johannes 14:27.


*Lukas 23:46.


Minnie Louise Haskins, "The Gate of the Year", in: Masterpieces of Religious Verse, Hg. James Dalton Morrison (1948), Seite 92.


5Thomas S. Monson: Jetzt ist die Zeit. In: Generalkonferenz der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, Oktober 2001. Aus: Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Hg.): Liahona, November 2001. http://www.lds.org/liahona/2001/11/24?lang=deu, 2013-09-03, 20:56. 
 

6Einheitsübersetzung 1972/1974, Revision 1979/80. http://www.die-bibel.de/online-bibeln/einheitsuebersetzung/bibeltext/.

~ Bildquelle: LDS Media Library. Intellectual Reserve, Inc. https://www.lds.org/media-library/images/cemetery-766497?lang=eng&category=, 2014-07-31, 00:31.

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