Sonntag, 21. September 2014

Was ist Glauben? (Teil 2)


Im Buch Mormon wird der Glaube folgendermaßen beschrieben:
„Glaube heißt nicht, daß man eine vollkommene Kenntnis von etwas hat; wenn ihr darum Glauben habt, so hofft ihr auf etwas, was man nicht sieht, was aber wahr ist.“ (BM Alma 32:21.)[1]

Aber was heißt das?


Der Glaube ist nicht die Hoffnung auf etwas Nicht-Vorhandenem, sondern der Glaube bezieht sich auf eine Sache, die existiert, die wahr ist. Aber diese Sache wird nicht durch unseren Verstand voll erfasst, diese Sache, auf dem der Glaube ruht, wird nicht gesehen. (Im Gebrauch der Schriften ist sehen gleich verstehen.)

Eine weitere Erklärung des Glaubens findet sich in Almas weiteren Worten an die Zoramiten, in denen er das Wort, das von Gott kommt, mit einem Samenkorn vergleicht. In diesem Vergleich geht er besonders auf die Frage ein, was Glaube ist. Er schreibt:
„Aber siehe, wenn ihr eure Geisteskraft weckt und aufrüttelt, um mit meinen Worten auch nur einen Versuch zu machen, und zu einem kleinen Teil Glauben ausübt, ja, selbst wenn ihr nicht mehr könnt, als daß ihr den Wunsch habt zu glauben, dann laßt diesen Wunsch in euch wirken, ja, bis ihr auf eine Weise glaubt, so daß ihr einem Teil meiner Worte Raum geben könnt.“ (BM Alma 32:27.)
Der bloße Wunsch zu glauben ist schon ein Teil des Glaubens, ein Teil, auf dem eine Art Glauben aufgebaut werden kann. Wenn wir dem Wort Gottes in unserem Herzen Raum geben, wenn wir es für möglich halten, dass es von Gott kommt und wahr ist und mit dem Wort Gottes einen Versuch machen, dann ist das schon ein Glauben. Es ist wichtig zu erkennen, dass das Samenkorn in diesem Gleichnis nicht den Glauben symbolisiert, wie es manchmal gelehrt wird, sondern das Gotteswort. Das Für-möglich-halten, das Starten eines Versuchs mit dem Gotteswort, ist der Glauben, nicht das Samenkorn selbst.

Alma schreibt weiterhin:
„28Nun wollen wir das Wort mit einem Samenkorn vergleichen. Wenn ihr nun Raum gebt, daß ein Samenkorn in euer Herz gepflanzt werden kann, siehe, wenn es ein wahres Samenkorn oder ein gutes Samenkorn ist, wenn ihr es nicht durch euren Unglauben ausstoßt, so daß ihr dem Geist des Herrn Widerstand leistet, siehe, so wird es anfangen, in eurer Brust zu schwellen; und wenn ihr dieses Schwellen spürt, so werdet ihr anfangen, in euch zu sagen: Es muß notwendigerweise so sein, daß dies ein gutes Samenkorn ist oder daß das Wort gut ist, denn es fängt an, meine Seele zu erweitern; ja, es fängt an, mein Verständnis zu erleuchten; ja, es fängt an, mir köstlich zu sein. 29Nun siehe, würde dies nicht euren Glauben vermehren? Ich sage euch: Ja; und doch ist er noch nicht zu einem vollkommenen Wissen herangewachsen. 30Aber siehe, wenn das Samenkorn anschwillt und sproßt und zu wachsen anfängt, dann müßt ihr notwendigerweise sagen, daß das Samenkorn gut ist; denn siehe, es schwillt und sproßt und fängt zu wachsen an. Und nun siehe, wird das nicht euren Glauben stärken? Ja, es wird euren Glauben stärken, denn ihr werdet sagen: Ich weiß, daß dies ein gutes Samenkorn ist; denn siehe, es sproßt und fängt zu wachsen an. 31Und nun siehe, seid ihr dessen gewiß, daß dies ein gutes Samenkorn ist? Ich sage euch: Ja; denn jedes Samenkorn bringt nach seiner gleichen Art hervor. 32Wenn darum ein Samenkorn wächst, so ist es gut; wenn es aber nicht wächst, siehe, so ist es nicht gut, darum wird es fortgeworfen.“ (BM Alma 32:28-32.)
Hier geht Alma auf das Gutsein des Samenkorns (also des Gotteswortes) ein. Wenn wir schon soweit Glauben ausüben, dass wir dem Gotteswort Raum in unserem Herzen geben und damit einen Versuch anstellen, es anwenden und darüber nachsinnen, dann werden wir eine Seelenregung erfahren. Wir werden uns ändern. Unsere Seele wird erweitert, unser Verständnis wird erleuchtet, das Wort Gottes wird uns köstlich werden. Ich entnehme daraus, dass wir eine Erfahrung mit dem Heiligen Geist machen werden, wir werden verspüren, dass das Wort Gottes für uns gut ist. Wir werden durch den Heiligen Geist belehrt werden und so Erkenntnis erhalten. Unsere Fähigkeit, mit Gott zu kommunizieren, wird entdeckt und verbessert, oder wie Alma es ausgedrückt hat: Das Samenkorn fängt zu wachsen an und erweitert die Seele. Durch diese Erfahrung mit Gott, verstehen wir das Gotteswort mehr und mehr und wir erfahren mehr von Gottes Wort (d.h. das Samenkorn fängt zu wachsen an). UND unser ehemals kleiner Glaube wird auch gestärkt, auch er wächst. (Kleine Erinnerung: Das Samenkorn ist nicht der Glauben, sondern das Wort Gottes.)

Des weiteren geht Alma darauf ein, dass ein schlechtes Wort schlechte Konsequenzen nach sich ziehen wird. Eine falsche Botschaft können wir also erkennen bzw. erfühlen. Und wenn wir das Gute sehen, dass mit dem Wort Gottes (der richtigen Botschaft, die von Gott kommt) einhergeht, dann erkennen wir, dass das Wort gut sein muss. Unser anfänglicher Glaube hilft uns also auch, das gute vom schlechten Wort zu trennen, d.h., der Glaube ermöglicht uns eine Erfahrung mit Gott zu machen, von ihm Erkenntnis zu erhalten und so Wahres zu erkennen.

Alma führt dies wie folgt weiter aus:
„33Und nun siehe, weil ihr den Versuch angestellt und das Samenkorn gepflanzt habt und es schwillt und sproßt und zu wachsen anfängt, müßt ihr notwendigerweise wissen, daß das Samenkorn gut ist. 34Und nun siehe, ist euer Wissen vollkommen? Ja, darin ist euer Wissen vollkommen, und euer Glaube ruht, und zwar, weil ihr Wissen habt; denn ihr wißt, daß das Wort eure Seele hat schwellen lassen, und ihr wißt auch, daß es gesproßt hat, daß euer Verständnis anfängt, erleuchtet zu werden, und euer Sinn anfängt, sich zu erweitern. 35O ist dies dann nicht etwas Wirkliches? Ich sage euch: Ja, denn es ist Licht; und alles, was Licht ist, das ist gut, denn man kann es erkennen; darum müßt ihr wissen, daß es gut ist; und nun, siehe, nachdem ihr von diesem Licht gekostet habt, ist euer Wissen vollkommen? 36Siehe, ich sage euch: Nein; auch dürft ihr euren Glauben nicht beiseite legen, denn ihr habt euren Glauben nur ausgeübt, um das Samenkorn zu pflanzen, damit ihr den Versuch anstellen könnt, um zu wissen, ob das Samenkorn gut sei.“ (BM Alma 32:33-36.)
Bildquelle: LDS Media Library. IRI.[*]
Während der Hörer des Wortes zuvor nur gehofft hat bzw. sich nur gewünscht hat, dass das Wort oder die Botschaft gut und wahr ist, hat er jetzt eine Erfahrung mit Gott, dem Urheber des Wortes, gemacht. Diese Erfahrung hat den Wunsch des Hörers, dass das Wort gut ist, in eine Erkenntnis gewandelt. Der Hörer weiß jetzt, dass das Wort Gottes Gutes hervorgebracht hat, er muss nicht mehr darauf hoffen, dass es Gutes hervorbringt. Diese Erkenntnis ist wirklich und keine Einbildung. Diese Erkenntnis kommt wirklich von Gott. Aber das heißt nicht, dass der Hörer nun eine vollkommene Erkenntnis von Gott, dem Evangelium und dem All hat. Deswegen darf er den Glauben nicht beiseitelegen, er muss weiterhin das Gotteswort/Evangelium anwenden, um Gott noch näher zu kommen und letztlich das Ewige Leben zu erhalten:
„37Und siehe, wenn der Baum zu wachsen anfängt, werdet ihr sagen: Laßt uns ihn mit großer Sorgfalt nähren, damit er Wurzeln bekommt, damit er heranwächst und uns Frucht hervorbringt. Und nun siehe, wenn ihr ihn mit viel Sorgfalt nährt, wird er Wurzeln bekommen und heranwachsen und Frucht hervorbringen. 38Aber wenn ihr den Baum vernachlässigt und euch keine Gedanken macht, wie er zu nähren sei, siehe, dann wird er keine Wurzeln bekommen; und wenn die Sonnenhitze kommt und ihn versengt, wird er verdorren, weil er keine Wurzeln hat, und ihr reißt ihn aus und werft ihn hinaus. 39Nun kommt dies nicht daher, daß das Samenkorn nicht gut war, auch nicht daher, daß die Frucht davon nicht wünschenswert wäre, sondern es kommt, weil euer Boden unfruchtbar ist und ihr den Baum nicht nähren wollt; darum könnt ihr die Frucht davon nicht haben. 40Und so könnt ihr, wenn ihr nicht das Wort nährt und mit gläubigem Auge nach seiner Frucht ausschaut, niemals die Frucht vom Baum des Lebens pflücken. 41Aber wenn ihr das Wort nährt, ja, den Baum nährt, wenn er zu wachsen anfängt, durch euren Glauben, mit großem Eifer und mit Geduld, und nach seiner Frucht ausschaut, wird er Wurzel fassen; und siehe, es wird ein Baum sein, der zu immerwährendem Leben emporsproßt.“ (BM Alma 32:37-41.)
Wenn wir das Gotteswort/Evangelium weiterhin anwenden und dadurch auch unseren Glauben ausüben, werden wir Gott mehr und mehr verstehen, wir werden die notwendigen Eigenschaften entwickeln, bis wir eines Tages das Ewige Leben ererben können. Wenn wir aber unseren Glauben nicht mehr ausüben, indem wir das Evangelium leben, werden wir nicht die Fülle von Gottes Segnungen erhalten können. Und diese Fülle ist das Ewige Leben, das Leben dessen, der sich Ewig nennt, und das ist Gott.

Glaube also ist keine Hoffnung auf eine vage Sache, die nicht gewusst werden kann. Im Gegenteil, Glaube führt zur Wahrheit. Glaube hilft uns das Wahre vom Falschen zu trennen, denn Gott hat uns diese Fähigkeit gegeben. Glaube führt zu einer Seelenregung und Erweiterung der Seele, d.h., dass der Glaube zu einer Kommunikation mit Gott führt. Glaube hilft uns, das Evangelium, uns, das Leben, das All und Gott Stück für Stück mehr zu verstehen. Glaube hilft uns letztlich, zu Gott zu kommen und für immer bei ihm zu wohnen und schließlich wie er zu sein. Das ist Glauben.



Um den ersten Teil zum Thema "Was ist Glauben?" zu lesen hier klicken.

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Fußnoten

1 Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Hg.): Das Buch Mormon. Ein Bericht, von Mormon mit eigener Hand auf Platten geschrieben, den Platten Nephis entnommen. Aus dem Original von den Platten ins Englische übersetzt von Joseph Smith jun. Deutsche Übersetzung aus dem Englischen. o. O. 2003: Intellectual Reserve, Inc. https://www.lds.org/?lang=deu > Heilige Schriften > Das Buch Mormon. https://www.lds.org/scriptures/bofm?lang=deu, 2014-09-21. Alle weiteren Verse aus dem Buch Mormon [abgekürzt 'BM'] wurden am selben Tag von derselben Quelle entnommen.

* Bildquelle: LDS Media Library. Intellectual Reserve, Inc. https://www.lds.org/media-library/images/golden-sunrays-765617?lang=eng&category=, 2014-09-21, 00:22.

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