Sonntag, 12. April 2020

Ostern - und was es für mich bedeutet

Ostern ist anders, als die Menge es lebt.
Ostern hat nichts mit Küken, Eiern, Hasen und dergleichen zu tun.
Das wahre Ostern feiern wir jeden Sonntag, wenn wir vom Abendmahl nehmen.
Ostern  das ist Geben, Tragen, Lieben, um dem Menschen und allen Geschöpfen Hilfe zukommen zu lassen.
Ostern  das ist die Liebe Gottes, die sich im Opfer seines Sohnes zeigt und die den Tod durch die Auferstehung besiegt.
Ostern ist eine Herzensangelegenheit.



Wenn manche Medien davon sprechen, dass Ostern dieses Jahr ausfällt, dann haben sie nur teilweise recht. Wenn Ostern all die weltlichen Äußerlichkeiten bedeutet, dann mag das zum Teil stimmen. Wenn Ostern aber das Gedenken an Jesus und sein Opfer für die Welt und seine Auferstehung bedeutet, dann fällt es nicht aus.

Die Heilige Woche (vom 05.-11./12. April)  oder im deutschen Sprachraum auch Karwoche oder stille Woche genannt  hat vielleicht in dieser Covid-19-Krise für den einen oder anderen an Bedeutung und Inhalt zugenommen. Währed Satan die Welt in Aufruhr hält, können wir uns der Liebe Gottes gewiss sein, einen Schritt zurücktreten, einen Gang runterschalten, und unser geistiges Vermögen, Gott und seinen Sohn zu hören, vertiefen.

Auf facebook hat ein angebliches Zitat von C.S. Lewis aus dem Jahr 1942 die Runde gemacht. Auch wenn dieses Zitat NICHT von C.S. Lewis stammt, sondern wohl von einen Bruder Jerome Zeiler vom 17. März 2020  ich habe selbst in der genannten Quelle nachgeschaut , ist es doch inspirierend:

"Satan: Ich werde Unruhe, Angst und Panik stiften. Ich werde Geschäfte, Schulen, Stätten der Andacht (Gotteshäuser) schließen und Sportveranstaltungen ausfallen lassen. Ich werde ökonomische Turbulenzen verursachen.
Jesus: Ich werde Nachbarn wieder zusammenbringen, die Einheit der Familie wiederherstellen, ein warmes Abendessen auf den Tisch bringen. Ich werde Menschen helfen, das Tempo ihres (geschäftigen) Lebens runterzufahren und das wertzuschätzen, was wirklich wichtig ist. Ich werde meinen Kindern lehren, auf mich zu bauen und nicht auf die Welt. Ich werde meinen Kindern lehren, ihr Vertrauen auf mich zu legen und nicht auf Geld oder materielle Güter." (Zeiler. In: Dan Evan 2020: o.S.)

Denken wir also dieses Ostern an die wichtigste Stätte der Andacht, die nicht geschlossen wurde: Unser Herz. Das Evangelium möchte keine Menschen, die jeden Sonntag in die Kirche gehen und mit Lippen bekennen, sondern Menschen, deren Herz gewandelt wurde durch die Liebe Gottes und nun selbst lieben. Und wer von dieser transformierenden Liebe berührt wurde und sie in ihrem Leben lässt, sie wirklich lebt, der wird Gott lieben und deswegen zur Kirche gehen und deswegen seine Gebote halten. Wer diese Liebe innehat, der wird seine Mitmenschen lieben.

Das Herz ist die wichtigste Stätte der Andacht. Es ist ein stiller Raum, eine verborgende Welt.

"Wenn wir unsere verborgene Welt vernachlässigen, wird sie nicht dem Gewicht der Ereignisse und Spannungen standhalten können, die sich zwangsläufig einstellen.
[…] Es ist ein Platz der Anbetung und des Bekennens, ein einsamer Raum, in den die moralische und geistliche Verschmutzung der Zeit nicht eindringen darf." (McDonald 2004: S. 24f.)

Gott ermahnte Joseph Smith nicht ohne Grund, dass das Herz von äußerster Wichtigkeit ist, indem er das wiederholte, was er bereits zu seinem Propheten Jesaja sprach:

"[S]ie nahen sich mir mit den Lippen, aber ihr Herz ist ferne von mir" (KP JS-LG 1:19, vgl. BI Jesaja 29:13f. EÜ und BI Matthäus 15:7-9 EÜ)[1]

Es ist nicht verwunderlich, dass Laman und Lemuel vom Weg der Rechtschaffenheit abfielen und Gott verleugneten, obwohl sie einen Engel des Herrn gesehen und sprechen gehört haben. Nephi erkannte, dass es ihre Herzenshärte war, die ihnen den Blick auf Gott versperrte:

"[W]eil sie im Herzen verhärtet waren, deshalb blickten sie nicht auf den Herrn, wie sie sollten." (BM 1.Nephi 15:3)

Sie blickten auf die Äußerlichkeiten der Welt, als sie sagten:

"Und wir wissen, dass das Volk im Land Jerusalem ein rechtschaffenes Volk gewesen ist; denn es hat die Satzungen und Richtersprüche des Herrn und alle seine Gebote befolgt, gemäß dem Gesetz des Mose; darum wissen wir, dass es ein rechtschaffenes Volk ist; und unser Vater hat es verurteilt". (BM: 1.Nephi 17:22)

Bei Laman und Lemuel half kein Engel. Sie hatten ihren Blick nicht nur auf Äußerlichkeiten gerichtet, sondern lebten auch äußerlich. Sie folgten ihrem Vater in die Wildnis,  ich denke  um des äußerlichen Gehorsam willen. Ihre Nachfolge war nicht von innerer Überzeugung geprägt. Deswegen waren sie nur halbherzig auf dem Weg zum verheißenen Land. Letztlich murrten und klagten (1. Nephi 17:22) sie gegen ihren jüngeren Bruder Nephi und gegen ihren Vater:

"[U]nser Vater hat [das Valk Israel] verurteilt und hat uns weggeführt, weil wir auf seine Worte gehört haben; ja, und unser Bruder ist wie er." (1.Nephi 17:22)

Sie bestätigen den ewigen Grundsatz, den der Herr dem Propheten Joseph Smith explizit offenbarte:

"Wer aber gar nichts tut, bis es ihm geboten wird, und ein Gebot mit zweifelndem Herzen empfängt und es auf träge Weise hält, der ist verdammt." (Lehre und Bündnisse 58:29)

Wie sieht es mit uns aus? Und mit unserem Weg zu Gott? Haben wir bei all den Äußerlichkeiten der Welt immer den Blick auf Gott gerichtet? Erkennen wir Jesus und seine Auferstehung bei all den Äußerlichkeiten von Ostern? Vielleicht gestalten wir unser Ostern so, dass es zu einem heiligen Moment der Herzenswandlung und -erneuerung wird, ein heiliger Moment des Nachsinnens und erneuten Ausrichtens.

Das Herz ist der Ort des Nachsinnens (2. Nephi 32:1), der Ort unserer Gedanken, Sehnsüchte und Wünsche. Pr. David O. McKay sagte über das Nachsinnen:

„Ich denke, dass wir dem Wert des Nachsinnens – ein Grundsatz der Hingabe – zu wenig Beachtung schenken. In unserem Gottesdienst gibt es zwei Elemente: Das erste ist die geistige Gemeinschaft, die aus dem eigenen Nachsinnen erwächst; das zweite ist das Belehren durch andere, vor allem durch diejenigen, die die Vollmacht haben, uns zu führen und zu belehren. Von diesen beiden Elementen ist das Nachsinnen für die Selbstbeobachtung einträglicher. Das Nachsinnen ist die Sprache der Seele. Es wird definiert als ‚eine Form der persönlichen Hingabe oder geistigen Übung, die aus einem
tiefen, kontinuierlichen Nachdenken über ein religiöses Thema besteht.‘ Nachsinnen ist eine Form des Gebets. 
[…] Das Nachsinnen ist die geheimste und heiligste Tür, durch die wir in die Gegenwart des Herrn schreiten.“ (McKay 1967: o.S.)

Das Herz ist der Ort des Handelns, wo wir das Ruder unseres Lebens in die Hand nehmen. Deswegen rät uns die Schrift:

"Bewahre dein Herz mit aller Umsicht, denn daraus fließen die Quellen des Leben." (Sprüche 4:23 NRSV, dt. Ü.)

Gordon McDonald, ein inspirierender evangelikaler Pastor, den ich bereits oben zitiert habe, kommentiert diesen Vers wie folgt:

"Dieser Satz gibt eine wichtige Wahrheit wieder. Was ich 'Komandobrücke' nenne, nennt [der Verfasser der Sprüche] 'das Herz'. Er vergleicht es mit einer Quelle, aus der die Energie, das Verstehen und die Kraft fließen können, die nicht den äußere Unruhen unterliegen, sondern sie sogar überwinden. Behüte dein Herz!, sagte er, und es wird zu einer Quelle des Lebens werden, von der du und andere trinken können
Aber was bedeutet denn nun 'Behüte dein Herz!'? Einerseits geht es dem Schreiber ofensichtlich darum, dass das Herz vor äußeren Einflüssen geschützt wird, die seine Unversehrtheit bedrohen könnten. Außerdem geht es um Kraft und Entwicklung des Herzens, damit es fähig ist, das Leben besser in ordnung zu halten.
Doch vor allem geht es um die Tatsache, dass jeder die freiwillige und disziplinierte Entscheidung treffen muss, das Herz, die 'Komandobrücke' des Lebens zu behüten und zu schützen. Wir müssen uns dazu entschließen, unser Herz zu behüten. Seine Gesundheit und Produktivität kann nicht einfach vorausgesetzt werden. Wir wollen uns noch einmal daran erinnern, was der Kapitän des U-Bootes tat, als er spürte, dass etwas Außergewöhnliches vorging: Er eilte, ohne zu zögern, auf die Kommandobrücke. Warum? Weil er wusste, dass dies der Ort war, an dem alle Fähigkeiten mobilisiert werden konnten, um der Gefahr die Stirn zu bieten." (McDonald 2004: S. 40f.)

Gerade zu Ostern wünsche ich dir und uns allen heilige Momente des Nachsinnens und Ruder-in-die-Hand-nehmens.

Fußnoten:
[1] KP JS-LG 1:19 "Ich bekam die Antwort, ich dürfe mich keiner von ihnen anschließen, denn sie seien alle im Unrecht; und die Person, die zu mir sprach, sagte, ihre sämtlichen Glaubensbekenntnisse seien in seinen Augen ein Gräuel; jene Glaubensbekenner seien alle verdorben, denn 'sie nahen sich mir mit den Lippen, aber ihr Herz ist ferne von mir; sie verkünden Menschengebote als Lehre, sie haben zwar eine Form der Gottesfurcht, aber sie leugnen deren Macht'."
      BI Jesaja 29:13 "13 Der Herr sagte: Weil dieses Volk sich mir mit seinem Mund näherte und mich mit seinen Lippen ehrte, sein Herz aber fernhielt von mir und weil ihre Furcht vor mir zu einem angelernten menschlichen Gebot wurde, 14 darum, siehe, will ich weiterhin wunderbar an diesem Volk handeln, wunderbar und wundersam. Dann wird die Weisheit seiner Weisen vergehen und die Klugheit seiner Klugen sich verbergen."
      BI Matthäus 15:7-9 "7 Ihr Heuchler! Treffend hat der Prophet Jesaja über euch gesagt: 8 Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein Herz aber ist weit weg von mir. 9 Vergeblich verehren sie mich; was sie lehren, sind Satzungen von Menschen."

Quellen:
(BI EÜ) Katholisches Bibelwerk (Hg.) (2016): Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, Stuttgart: Katholische Bibelanstalt. https://www.bibleserver.com/ (Stand: 09.04.2020).

(KP) Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Hg.) (2019): Die Köstliche Perle. Eine Auswahl aus den Offenbarungen, Übersetzungen und Schriften von Joseph Smith, erster Prophet, Seher und Offenbarer für die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Salt Lake City: IRI. https://www.churchofjesuschrist.org/study/scriptures/pgp?lang=deu (Stand: 09.04.2020).

McDonald, Gordon (2004): Ordne dein Leben. Asslar: Gerth Medien.

McKay, David O. (1967): Consciosness of God: Supreme Goal of Life. In: Generalkonferenz der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, April 1967. Abgedrukt im Conference Report, April 1967, PP. 84-88. Entnommen aus: Liddle, Stephen W. Liddle / Galbraith, Richard C. (o.J.): LDS Scripture Citation Index. http://scriptures.byu.edu/gettalk.php?ID=1550 (Stand: 12.07.2016). Übersetzung von Ronny Paeplow.

Zeiler, Jerome. In: Dan Evan (2020): Is This a C. S. Lewis Quote from 1942? (erschienen am 30.Mrz.2020). https://www.snopes.com/fact-check/cs-lewis-quote-1942/ (Stand: 09.Apr.2020).

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen