Freitag, 3. Januar 2014

"Die Ehe [ist] nichts für mich"



Bryant Hinckley:
Vergiss dich selbst und geh an die Arbeit.“[1]

Jesus Christus:
Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, wird es retten.“ (BI, Markus 8:35.)[2]

Kenneth Woods
Finde dich, indem du dein Selbst vergisst.“[3]




Heute poste ich einen schönen Blogeintrag von Seth Adam Smith über die Ehe. Normalerweise bin ich nicht für das Reposten. Aber in diesem Fall mache ich mal eine Ausnahme. Hier folgt der deutsche, unveränderte Post:



Heiraten ist nichts für Dich






Ich bin seit eineinhalb Jahren verheiratet und vor Kurzem habe ich erkannt, dass die Ehe nichts für mich ist.



Bevor du mir Vorwürfe machen willst, lies bitte weiter.



Ich habe meine Frau in der High School kennen gelernt, als wir 15 Jahre alt waren. Wir waren zehn Jahre lang Freunde … bis wir uns entschlossen haben dass wir nicht mehr nur Freunde sein wollen. J Ich befürworte sehr, dass beste Freunde sich ineinander verlieben.



Wie dem auch sei, sich in meine beste Freundin zu verlieben hat mich nicht davor bewahrt, diverse Ängste und Befürchtungen wegen der Ehe zu haben. Je näher Kim und ich der Entscheidung zu heiraten kamen, desto mehr wurde ich erfüllt von lähmender Angst erfüllt. War ich bereit? Traf ich die richtige Entscheidung? War Kim die richtige Person zum heiraten? Würde sie mich glücklich machen?



Dann, in einer schicksalhaften Nacht, habe ich meine Gedanken und Bedenken mit meinem Vater geteilt.



Vielleicht hat jeder von uns Momente in unserem Leben, wenn es sich so anfühlt, als wäre die Zeit verlangsamt oder als würde die Luft stillstehen und alles um uns herum scheint auf sich aufmerksam zu machen, um dem Moment zu kennzeichnen als Einen den man niemals vergessen wird.



Mein Vater der mir seine Antwort auf meine Bedenken gegeben hat, war für mich solch ein Moment. Mit einem wissenden Lächeln sagte er, „Seth, du bist total egoistisch. Also mache ich es Dir ganz einfach: Heiraten ist nichts für Dich. Du heiratest nicht um Dich selbst glücklich zu machen, du heiratest um jemanden anderen glücklich zu machen. Mehr als das, deine Ehe ist nicht für Dich selbst, du heiratest für eine Familie. Nicht nur für deine angeheirateten Verwandte und den ganzen Blödsinn, sondern für deine zukünftigen Kinder. Wen wünscht du Dir der Dir helfen soll sie aufzuziehen? Wer soll sie beeinflussen? Die Ehe ist nichts für Dich. Es geht nicht um Dich. Bei einer Ehe geht es um die Person die man geheiratet hat.“



Es war dieser besondere Moment an dem ich erkannt habe, dass Kim die richtige Person fürs heiraten war. Mir wurde klar dass ich sie glücklich machen wollte; um sie jeden Tag lächeln zu sehen, um sie jeden Tag zum Lächeln zu bringen. Ich wollte ein Teil ihrer Familie sein, und meine Familie wollte dass sie ein Teil meiner Familie wird. Und als ich an die Zeit zurück dachte, als sie mit meinen Neffen gespielt hat, wusste ich dass sie die Eine war, mit der ich eine eigene Familie aufbauen will.



Der Rat meines Vaters war schockierend und offenbarend. Er war entgegen der Einstellung der heutigen „Supermarkt Philosophie“, die sagt wenn es dich nicht glücklich macht, kannst du es zurück bringen und ein neues holen.



Nein, in der wahren Ehe (und in der wahren Liebe) geht es niemals um Dich. Es geht um die Person die du liebst – ihre Wünsche, ihre Bedürfnisse, ihre Hoffnungen und ihre Träume. Egoistische Ansprüche, „Was ist für mich dabei drin?“, während die Liebe fragt, „Was kann ich geben?“



Vor einiger Zeit hat mir meine Frau gezeigt was es bedeutet, selbstlos zu lieben. Für viele Monate war mein Herz verhärtet mit einer Mischung von Angst und Ärger. Dann, nachdem sich der Druck aufgebaut hatte zu einem Punkt den keiner von uns ertragen konnte, sind die Emotionen ausgebrochen. Ich war herzlos. Ich war egoistisch.



Aber statt dass sie sich mit meiner Selbstsüchtigkeit gemessen hat, hat Kim etwas getan, jenseits dem Wunderbaren – sie hat mich mit ihrer Liebe überhäuft. All den Schmerz und die Pein beiseite gelegt die ich ihr bereitet habe, hat sie liebend mich liebend in ihre Arme genommen und meine Seele beruhigt.



Mir ist klar geworden dass ich den Rat meines Vaters vergessen hatte. Während es Kim’s Teil der Ehe war mich zu lieben, ging es in meinem Teil der Ehe immer mehr um mich. Diese furchtbare Erkenntnis brachte mich zu Tränen und ich habe meiner Frau versprochen, ich würde versuchen es besser zu machen.



An alle die diesen Artikel lesen – Verheiratete, fast Verheiratete, Singles, oder verschworende Junggesellen und Junggesellinnen – Ich möchte euch wissen lassen dass die Ehe nichts für euch ist. Keine wahre Beziehung der Liebe ist für euch. In der Liebe geht es um die Person die ihr liebt.



Und paradoxerweise, je mehr du eine Person wirklich liebst, desto mehr Liebe bekommst du. Und zwar nicht nur von deiner besseren Hälfte, sondern auch von ihren Freunden und ihrer Familie und Tausenden anderer, die du nie getroffen hättest, wenn deine Liebe egoistisch geblieben wäre.



Wirklich, Liebe und Ehe ist nichts für Dich. Sie sind für Andere.



Geschrieben von Seth Adam Smith, übersetzt aus dem Englischen von Daniel Pikal“[4]



Und hier noch ein paar Gedanken von mir:

Bildquelle: LDS Media Library.*
Seth Adam Smith hat meiner Meinung nach recht, dass wir heute eine Art Supermarkt-Philosophie leben. Wir kaufen uns Menschen durch unser Freundlichsein, durch unsere Aufmerksamkeit und durch viele andere Mittel, damit diese gekauften Menschen uns glücklich machen. Der Fokus liegt auf das eigene Glück. Und weil dieser Fokus auf das Ich allein gerichtet ist, wird der gekaufte Mensch zum Objekt, dass man gegebenenfalls wieder zurückbringen kann, falls dieses Objekt Mensch mich nicht mehr glücklich macht. Und dann holt man sich ein neues Objekt Mensch. Und weiter geht dieser Kreislauf.

Wir haben in der Geschichte der Menschheit das heilsame Wir verkannt und uns zu einem unheilsamen Ich zugewandt. Dieses unheilsame Ich – ich nenne es Ego – sucht eine Ich-Es-Beziehung zu anderen Menschen. Dieses Ich sucht nicht danach, den anderen Menschen wirklich als Mensch zu erfahren und mit dem Menschen eine wirkliche Beziehung aufzubauen. Dieses Ego sieht nur sich, aber niemals den anderen. So verstehe ich die Aussage von Pr. Gordon B. Hinckleys Vater: „Vergiss dich selbst und geh an die Arbeit.“[1] Vergiss dein Ego und fang an, eine Beziehung mit dem anderen aufzubauen, eine wirklich zwischenmenschliche Beziehung, eine Beziehung, die wirklich viel Arbeit und Mühe vom Ich erfordert, damit aus dem Ich-Es ein Ich-Du[5] wird.

Im heilsamen 'Wir' steckt meiner Meinung nach stets ein Ich-Du. Niemals steht das Ich alleine da. Im heilsamen Wir steckt schon immer eine zwischenmenschliche Beziehung, dass weder das Ich negiert, noch den anderen, das Du, vergisst. Aber im Wir steht der Fokus eher auf das Du. Dadurch erfahren wir den anderen Menschen als Menschen. Wir behandeln ihn als Menschen. Und wenn eine Ehe beispielsweise in einer schwierigen Phase steckt, wirft man den anderen nicht einfach als ein Es, ein Objekt, raus. Nein! Der eine behandelt den anderen als Du, als Mensch, und steht zu ihm. Und auch der andere behandelt den einen als Du. Und so entsteht eine zwischenmenschliche Beziehung, die auf wahre Liebe aufgebaut ist. Eine Liebe, die allen Sturm überwindet.

Erst in solch einer Ich-Du-Beziehung, in der das Ego (Ich) vergessen wird, findet man sich, das eigentliche Ich. Daher die Aufforderung von Kenneth Woods: „Finde dich, indem du dein Selbst vergisst.“[3]

Wie steht es aber um die Ich-Du-Beziehung, wenn der andere, das Du, den einen, das Ich, als Objekt behandelt, der eine aber den anderen als Menschen? Muss man sich ausnutzen lassen? Ich glaube, dass diese Frage 'Muss man sich ausnutzen lassen?' nur von jemanden gestellt werden kann, der gerade selbst als Ego (Ich) in einer Ich-Es-Beziehung steht. Das heißt, wenn man fragt, ob man sich ausnutzen lassen soll, dann hat man nicht verstanden, dass die Frage auf den eigenen persönlichen Nutzen des anderen hinzielt. Solch eine Sichtweise aber steht im Widerspruch zu einer wirklichen zwischenmenschlichen Beziehung, einer Beziehung der Liebe, sie steht im Widerspruch zur gebotenen Nächstenliebe, sie steht im Widerspruch zur Ich-Du-Beziehung. Wir sollen alle Menschen lieben. Unser Auftrag ist es, mit allen unseren Mitmenschen (und auch mit Gott) meiner Meinung nach eine Ich-Du-Beziehung zu führen: „37Er [d.h. Jesus Christus] aber sprach zu ihm [d.h. den Lehrer]: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand.« 38Dies ist das größte und erste Gebot. 39Das zweite aber ist ihm gleich: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.« 40An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.“ (BI, Matthäus 22:37-40.) Auch wenn der andere mich als Objekt sieht und mich ausnutzen möchte, kann ich ihm Liebe erweisen und ihn dadurch als Menschen sehen und Dinge tun, die ihn als Menschen erheben. Diese Dinge können gut Worte sein, sie können Worte der Ermutigung oder auch der Ermahnung sein. Und manchmal kann auch eine äußerliche Trennung ein Zeichen der Liebe sein.

Ich denke, dass wir immer den anderen als ein Du, niemals aber als ein Es sehen sollten. Wir sollten stets unseren Nächsten, d.h. den anderen, lieben. Liebe ist nichts für Dich, denn das Ego kennt keine wahre Liebe. Liebe ist für den Nächsten, den anderen, für das Du, für ''Dich''.


____________________________ 
Fußnoten
1 Bryant Hinckley. In: New Era (May 1995): Sweet Is the Work: Gordon B. Hinckley, 15th President of the Church. http://www.lds.org/new-era/1995/05/sweet-is-the-work-gordon-b-hinckley-15th-president-of-the-church?lang=eng, 2014-01-03, 023:30. Übersetzung aus dem Englischen von Rocky.


2 Elberfelder Bibel 2006. http://www.die-bibel.de/de/online-bibeln/elberfelder-bibel/bibeltext/, 2014-01-03. Alle weiteren Bibelstellen [abgekürzt 'BI'] wurden von der gleichen Quelle am selben Tag entnommen.


3 Kenneth Woods: Find yourself by forgetting your self. Posted on June 3, 2007. http://kennethwoods.net/blog1/2007/06/03/find-yourself-by-forgetting-yourself/, 2014-01-03, 23:34. Übersetzung aus dem Englischen von Rocky.


4 Seth Adam Smith: Heiraten ist nichts für Dich. Gepostet am 12. November 2013. Übersetzung aus dem Englischen von Daniel Pikal. Die ursprünglich im Post enthaltenen Bilder wurden nicht übernommen. http://sethadamsmith.com/2013/11/12/german-marriage/, 2014-01-03, 23:45. Schriftgröße, Textausrichtung und Absatzabstand wurden von Rocky verändert. Alle Fehler der Grammatik, der Rechtschreibung und des Ausdrucks wurden unberichtigt gelassen.



5 Buber, Martin: Ich und Du, 1995 Stuttgart: Philipp Reclam Jun.:

Die Welt ist dem Menschen zwiefältig nach seiner zwiefältigen Haltung. Die Haltung des Menschen ist zwiefältig nach der Zwiefalt der Grundworte, die er sprechen kann. Die Grundworte sind nicht Einzelworte, sondern Wortpaare. Das eine Grundwort ist das Wortpaar Ich–Du. Das andre Grundwort ist das Wortpaar Ich-Es“ (S. 3.)

Die Eswelt hat Zusammenhang im Raum und in der Zeit. Die Duwelt hat in Raum und Zeit keinen Zusammenhang.“ (S. 33.)

„Die Welt als Erfahrung gehört dem Grundwort Ich-Es zu. Das Grundwort Ich-Du stiftet die Welt der Beziehung“. (S. 6.)

„Stehe ich einem Menschen als meinem Du gegenüber, spreche das Grundwort Ich-Du zu ihm, ist er kein Ding unter Dingen und nicht aus Dingen bestehend. Nicht Er oder Sie ist er, von anderem Er oder Sie begrenzt […]. Sondern nachbarnlos und fugenlos ist er Du und füllt den Himmelskreis. Nicht als ob nichts anderes wäre als er: aber alles andre lebt in seinem Licht.“ (S. 8f.)

 


* Bildquelle: LDS Media Library. Intellectual Reserve, Inc. https://www.lds.org/media-library/images/love-one-another-336104?lang=eng&category=, 2014-05-08, 10:30.

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